Hammelburger-Album

Kindergarten, Schulklassen, Lehrer

 

Vorwort

Beim Ordnen alter Schriftbestände in der Mittelschule Hammelburg, vormals Hauptschule, wurde ein Heft mit der Aufschrift „ Schulgeschichtliche Aufzeichnungen 1911 - 1931“ entdeckt. Das Heft hat Folio-Format, ist blau kartoniert, handgeheftet und stammt aus dem Verlag C. Scheiner, Würzburg.

Die chronologisch verfassten Einträge waren zunächst Auflistungen schulischer Maßnahmen – auf eine zusätzliche Schulchronik wurde verwiesen, die aber leider nicht mehr vorhanden ist. Da das Schulleben früher ganz eng mit dem öffentlichen Leben der Stadt verwoben war, gewähren diese Einträge neben schulischen Vorkommnissen auch zahlreiche Einblicke in das Leben vor, während und nach dem 1. Weltkrieg – sowohl bittere als auch freudige.

Die Eintragungen sind fast alle von bestechender kalligraphischer Schönheit– „gestochen scharf“ nannte man dies – verfasst in der eleganten deutschen Kurrentschrift, wie sie damals in und außerhalb Bayerns gelehrt wurde und nicht in der steifen Sütterlinschrift, die Ludwig Sütterlin 1911 für Preußen entwickelt hatte. Wer der Schreiber war, ist nicht bekannt. Weil jedoch fast nur von der Mädchenschule berichtet wird, zudem auch zahlreiche religiöse Ereignisse sehr kundig dokumentiert wurden, liegt es nahe, an eine Ordensschwester als Autorin zu denken, die als Lehrerin an der Hammelburger Schule gewirkt hat.

Da diese Schrift vielen Zeitgenossen nicht mehr geläufig ist, habe ich die „Aufzeichnungen“ transkribiert. Die Vorkommnisse liegen bis zu 100 Jahre zurück. Eventuell notwendige Kommentierungen sind in Klammern und Kursivschrift eingefügt z. B. [Der Winzerverein wurde von Pfarrer Martin gegründet.]  Meinem Kollegen Herrn Karl-Heinz Maul danke ich für die Durchsicht und eifrige Unterstützung bei der Kommentierung.

 

Hammelburg, im Februar 2013                     Günther Albrecht


 

Schulgeschichtliche Aufzeichnungen

a) Ea.) Errichtung der einzelnen Schulen

Auf den Trümmern des durch den Brand von 1854 zerstörten Schulgebäudes erhob sich bald wieder ein neues, größeres. Wie die Chronik berichtet, wurde es im Spätherbst 1856 begonnen und im November 1858 seiner Bestimmung übergeben.

Nachdem schon seit 1852 Verhandlungen mit der Kgl. Regierung gepflogen wurden betreffs Einführung eines religiösen Ordens zur Übernahme der Mädchenschulen in Hammelburg, wurden, wie aus den Schulakten zu ersehen ist, im November des Jahres 1858 mit dem Unterricht und der Erziehung der hiesigen weiblichen Jugend Lehrerinnen aus dem Kloster St. Maria Stern in Augsburg betraut. Von dem genannten Kloster wurden die Mädchenschulen wie folgt übernommen:

1.) 1858 22. Novemb.

     I. Mädchenschule, anfänglich aus den 4 oberen Jahrgängen bestehend.

2.) 1858 22. Novemb.

II. Mädchenschule, anfänglich aus den 3 unteren Jahrgängen gebildet.

Gleichzeitig wurde auch eine staatlich geprüfte Arbeitslehrerin berufen zur Abhaltung des Handarbeitsunterrichts an den Mädchenschulen.

Schon im folgenden Jahre im Herbst 1859 wurde die obere Mädchenschule, die vier Jahrgänge umfaßte, geteilt u.

3.) 1859 3. Novemb.

      eine III. Ordenslehrerin hieher berufen, die den Unterricht an der mittleren Mädchenschule übernahm.

4.) 1873 od. 75

      Die gemischte Schule Vorbereitungskl errichtet.

     [Nr. 4.) nur als Bleistifteintrag]

[Das Schulgebäude steht heute noch in der Kirchgasse, im Volksmund immer noch die „alte Volksschule genannt. Diese beherbergt u. a. die Kleiderkammer und das Jugendzentrum.[Unter Mädchenschulen sind Mädchenklassen gemeint, nicht eigene Schulgebäude.]

 

b) bb.) Merkenswerte Vorkommnisse seit dem Jahre 1900

1.) 1901 12. März

Am 12. März 1901 Feier des 80. Geburtstags des Prinzregenten Luitpold.

Öffentliche Schulfeier mit Deklamation, Gesang u. Festrede im Rathaus. An die Schulkinder wurden Würste und Wecken verteilt.

[Nach dem Tode von König Ludwig II. 1886 wurde sein Bruder Otto I. König von Bayern. Da dieser aber geisteskrank war, übernahm sein Onkel Prinz Luitpold für ihn die Regentschaft. Daher der Name Prinzregen. Nominell blieb Otto weiterhin König.]

2.) 1910 1. Mai

trat die Lehrerin der oberen Mädchenschule Mar. Petronilla Lindenmayr in den Ruhestand, nachdem sie seit dem Jahre 1862 ihre Kräfte in den Dienst der hiesigen Mädchenschule gestellt und in Generationen die Hammelburger weibliche Jugend herangebildet hatte.

Als Nachfolgerin wurde die bisherige Lehrerin der Mittelklasse M. Nikoletta Panzer bestimmt, während die Lehrerin der Unterklasse M. Demetria Riedlechner an deren Stelle trat. Die freigewordene Unterklasse wurde durch die Hilfslehrerin M. Leopoldige Haas besetzt.

3.) 1911 1. Mai

Feier des 90. Geburtstags des Prinzregenten Luitpold. Die gesamte Schuljugend begab sich in festlichem Zuge, blauweiße Fähnchen tragend, von der Schule ins Hotel Adler, woselbst die Kinder durch Deklamationen und Gesänge dem geliebten Landesherrn ihre Huldigung darbrachten. Alsdann begab sich der Festzug an das Kissinger Tor, woselbst eine Luitpold-Linde gepflanzt wurde. Zur gemeinsamen Schulfeier wurde das von Herrn Kreisschulinsp. Griebl gedichtete Lied eingeübt: „Es faltet fromm das Spessartkind.“

[Das „Hotel Adler“ war in der Bahnhofstraße im Gebäude der späteren Raiffeisenkassegebäude untergebrach.

Das Kissinger Tor befand sich in der Kissinger Straße auf Höhe der Geschäftsstelle der Saalzeitung. Ein versteckter kleiner Gedenkstein im Rasen vor dem Evangelischen Gemeindehaus am Amtsgerichtskreisel erinnert an diesen Geburtstag.]    

4.) 1911 Sommer

Während der Ernteferien wurde in Aschaffenburg ein sog. Informationskurs abgehalten, der es sich zur Aufgabe gestellt hatte, seine Teilnehmer zur Einführung der Mädchen-Fortbildungsschule auf praktischer Grundlage zu begeistern. Diesem Kurse wohnten an die Lehrerinnen der Oberklasse u. der Mittelklasse.

5.) 1911

 13. Mai

Visitation der oberen Mädchenschule durch Herrn Kreisschulinsp. Griebl.

6.) 1912 23. Juli

Beehrte S. K. H. Prinz Ludwig unsere Stadt mit einem kurzen Besuche gelegentliche einer Autofahrt von Würzburg nach Bad-Brückenau. Die Kinder der Volksschule standen, blauweiße Fähnchen schwenkend, von der Weihertorstraße zum Marktplatz Spalier. Hier nahm der hohe Gast die Begrüßung von weißgekleideten Mädchen, die ein Gedicht vortrugen und einen goldenen Pokal mit dem besten Wein des hiesigen Winzervereins kredenzten, huldvollst entgegen.

[S. K. H. = Seine Königliche Hoheit PrinzLudwig. Dieser ist der spätere König Ludwig III.]

7.) 1912 18. Sept.

Dieser Tag brachte in der unteren Mädchenschule ein Veränderung, indem die bisherige Lehrerin M. Ermelinde Bosch nach Altenkunstadt versetzt und an deren Stelle die Hilfslehrerin M. Wenefrida Greser berufen wurde.

8.) 1912 1. Nov.

Mit Wirkung vom 1. Nov. 1912 wurde die weibliche Sonntagsschule in Hammelburg in eine obligatorische Mädchen-Fortbildungsschule umgewandelt mit wöchentlich vier Unterrichtsstunden, von denen zwei an einem Werktag, zwei am Sonntag abgehalten wurden. Die Fortbildungsschule erstreckt sich auf die Zeit vom 1. November mit 31. März, vom 1. April bis 31. Oktober tritt an die stelle derselben die vorschriftsmäßige Sonntagsschule.

9.) 1912 12. Dez.

Tod des Prinzregenten Luitpold.

Am 21. Dezember Trauerfeier in Kirche und Schule.

10.) 1913 7. Jan.

Erstmalige Feier des Geburtstagsfestes S. K. H. des Prinzregenten Ludwig.

Schulfrei.

[Nach Luitpold wurde Ludwig Prinzregent, da Otto I. immer noch lebte.]


 

Schuljahr 1913 -14

 

1.) Kgl. Lokalschulinspektor:

     H. H. Stadtpf. u. Distr.-Schulinsp. J. Martin

                    Seit 11. Nov. 1909

2.) Lehrerinnen:

M. Nikoletta Panzer, O.S.F f. d. Oberklasse seit 1. Mai 1910;

M. Demetria Riedlechner, O.S.F f. d. Mittelkl. seit 1. Mai 1910;

M. Wenefrida Greser, O.S.F f. d. Unterkl. seit 18. Sept. 1912;

M. Bonaventura Fuchs, O.S.F f. d. Vorbereit.-kl. M. seit [keine Angabe]

M. Fides Wenig, O.S.F Arbeitslehr. f. d. Oberkl. seit 10. Aug. 1901;

 

3.) Schülerzahl im Mai 1913:

a. Werktagsschule:

          Vorbereitungsklasse        34

          Unterkl.       2. Schuljahr28

                              3. “               35

          Mittelkl.      4. “               32

                              5. “               39

          Oberkl.        6. “               26

                              7. “              32

                                         Sa     226 Schüler

b) Sonntagsschule:

                              1. Schuljahr 26

                              2. “               23

                              3. “              24

                                         Sa      73 Schüler

4.) 1913 1. Mai

Mit dem 1. Mai 1913 trat für sämtliche Schule Unterfrankens die neue Schul- und Lehrerordnung in Kraft.

 

5.) 1913 15. Juni

wurde das 25jährige Regierungsjubil. Sr. M. [= Seiner Majestät] des Kaisers Wilhelm II. und zugleich die Erinnerungsfeier an die siegreiche Erhebung Deutschlands 1813 in der Turnhalle festlich begangen.

 

6.) 1913 im Juli

war in der Turnhalle das Tuberkulose-Wandermuseum eingerichtet.

Besichtigung desselben durch die Werktagschüler am 8. Juli, von seiten der gesamten Fortbildungsschüler am 13. Juli.

 

7.) 1913 Juli

Wurde in Lohr a. M. durch Herrn Professor Heindl der von der Kgl. Regierung anberaumte Zwischenkurs abgehalten, an dem sich die Lehrerinnen der Mittel- und Oberklassen beteiligten.

 

8.) 1913 25. Aug.

Namensfest S. K. H. des Prinzregenten Ludwig. Schulfrei.

 

9.) 1913 12. Nov.

Huldigungsfeier anlässlich der Thronbesteigung Seiner Majestät König
Ludwig III. Festgottesdienst in der Pfarrkirche, dem die Schulkinder anwohnten. Schulfeier: Gesang, Vortrag, Deklamation. Die Art der Feier war den einzelnen Lehrpersonen überlassen.

 

10.) 1913 13. Nov.

Visitation der Mädchen-Vorbereit.-klasse durch den Kgl. Distriktsschulinsp.

 

11.) 1913 15. Nov.

Visitation der Unterklasse durch den Kgl. Distriktsschulinspektor.

 

12.) 1913 29. Nov.

Visitation der Mittelklasse durch den Kgl. Distriktsschulinspektor.

 

13.) 1913 10. Dez.

Visitation der Oberklasse durch den Kgl. Distriktsschulinspektor.

 

14.) 1913 17. Dez.

Visitation des I. Jahrg. der Fortbildungsschule durch den Kgl. Distriktsschulinspektor.

 

15.) 1914 2. April

Entlaßprüfung der Fortbild.-schule.

 

16.) 1914 7. April

Mündliche Schlußprüfung des 7. Schulj. der Volksschule, nachdem schon am
4. März die schriftliche Prüfung stattgefunden hatte.


 

Schuljahr 1914 -15

 

1. & 2.) 1914 3. Mai

wie 1913 -14

 

3.)

Schülerzahl im Mai 1914:

a. Volkshauptschule:

          Vorbereitungsklasse        30

          Unterkl.       2. Schuljahr35

                              3. “               29

          Mittelkl.      4. “               34

                              5. “               34

          Oberkl.        6. “               39

                              7. “              23

                                         Sa     224 Schüler

b) Volksfortbildungsschule:

                              1. Schuljahr 37

                              2. “               24

                              3. “              16

                                         Sa      77 Schüler

 

4.) 1914 2. Juli

Erstmalige Feier des Geburtsfestes I. M. [= Ihrer Majestät] der Königin Maria Theresia v. Bayern. Festgottesdienst, schulfrei.

 

5.) 1914 1. Aug.

 

Mobilmachung u. Krieg

6.) 1914 27. Aug

Der Krieg verzögerte die Einbringung der Ernte. Deshalb wurden dem Auftrag der Kgl. Regierung vom 21. Aug. 1914 entsprechend die Schulferien für die vier oberen Jahrgänge der Volkshauptschule u. sämtliche Jahrgänge der Volksfortbildungsschule bis 1. Okt. verlängert.

Da für die drei unteren Jahrgänge der Volkshauptschule eine Verlängerung der Ferien nicht notwendig erschien, wurde hier der Unterricht erst am 17. Aug. wieder aufgenommen. Für den im Felde stehenden Schulverweser Guido Herbst übernahm in der Zeit vom 17. Aug. bis … Sept. (Beginn der Herbstferien) die Lehrerin der oberen Mädchenschule M. Nikoletta Panzer den Unterricht in der 3. Knabenschule.

 

7.) 1914 1. Oktober

Heute begann wieder in allen Schulklassen der Unterricht. Doch machte auch hier der Krieg einige Änderungen notwendig. Die Knaben u. Mädchen der Vorbereit.-kl. werden von Frau Hptlin. M. Kreszentia Schneid gemeinsam unterrichtet, die Mädchen-Unterkl. übernimmt Frau Hptlin. Mr. Bonaventura Fuchs u. die Hilfslehrerin M. Wenefrida Greser leistet Kriegsaushilfe in der verwaisten Knabenunterkl. Im übrigen ist hier der Schulbetrieb ein geregelter mit Einhaltung der gewöhnlichen Schulzeit u. der gleichen Stundenzahl wie im Frieden. Freilich steht der gesamte Unterricht im Zeichen des Krieges.

/:Näheres darüber in der Kriegschronik:/

 

8.) 1914 18. Nov.

Noch nie erlebt!

Hindenburg errang über die Russen einen großen Sieg an der Weichsel. Dieser wurde auch in der Schule entsprechend gefeiert mit Deklamation und Gesang. Bis zu ihrem Höhepunkt steigerte sich die nationale Begeisterung der Jugend, als vom Katheder das Wort erklang:

Schulfrei!

 

[Es handelte sich wohl um die Schlacht bei Lodz. Beide Seiten – Russen und Deutsche hatten starke Verluste bei Lodz erlitten. Die Russen waren alles andere als einfache Gegner, wie der Heimat wegen des Sieges bei Tannenberg vermittelt wurde. Ludendorff stellte aber auch diese unentschiedene Schlacht als großen Erfolg dar.]

 

9.) 1914 4. Dez.

„Antwerpen gefallen.“ Siegfrei.

[Deutschland war in Belgien einmarschiert und hatte dessen Neutralität verletzt.  Der empörte belgische König kapitulierte nicht, sondern ließ sein Land energisch verteidigen. Die starke Festung Antwerpen wurde von den Belgiern zäh verteidigt und konnte erst nach schweren Kämpfen von den Deutschen eingenommen werden.]

[Siegfrei war eine neue Wortschöpfung neben schulfrei. Damit konnte man den trügerischen Siegestaumel der deutschen Bevölkerung zusätzlich anfachen.]

 

10.) 1914 11. Febr.

Wieder flattern Deutschlands Siegesfahnen. Die Russen in Masuren geschlagen. Dadurch verhalf Hindenburg der deutschen Jugend wieder zu einem schulfreien Tag.

[Mit der siegreichen Winterschlacht in Masuren gelang es den Deutschen, die russische Armee endgültig aus Ostpreußen zu vertreiben. Das wurde im Deutschen Reich auch propagandistisch ausgeschlachtet. Ludendorff hatte gehofft, dass nun die russische Front völlig zusammenbrechen würde, was aber keineswegs geschah. Damit waren weiterhin starke militärische Kräfte an der Ostfront gebunden.]

 

11.) 1914 3. März

                              Schriftliche Prüfung

               10. März

                              Mündliche Prüfung in der Volkshauptsch.

               30. März

Mündliche Entlaßprüfung.

Nachtrag   9. Mai

                              wurde auf der Schulsitzung beschlossen v. J. 1917 ab d. Überführ. d. Fortb.-sch. in Berufsfortb.-sch. zu beantragen. Bis 1917 wurde die Jahrestund.z. auf 130 festgesetzt, sofern nicht d. Erhöhung auf 140 notwendig ist.

[Anmerkung: In den fortlaufenden Nummern 10.) und 11.) wurde fälschlicherweise die Jahreszahl 1914 eingetragen.]

 


 

Schuljahr 1915 - 16

 

1.) 1915 5. Mai

wie 1913 -14

 

2.) Lehrerinnen:

M. Nikoletta Panzer, O.S.F f. d. Oberklasse seit 1. Mai 1910;

M. Demetria Riedlechner, O.S.F f. d. Mittelkl. seit 1. Mai 1910;

M. Bonaventura Fuchs, O.S.F f. d. Unterkl. seit 1. Okt.1914;

M. Kreszentia Schneider, O.S.F Vorb. Knaben u. Mädchen s. 1.10.14

M. Fides Wenig, O.S.F Arbeitslehr. f. O u. U.

 

3.) Schülerzahl im Mai 1915

a. Volkshauptschule:

          Vorbereitungskl. Mädch.28

          Unterkl.       2. Schuljahr29

                              3. “               33

          Mittelkl.      4. “               30

                              5. “               34

          Oberkl.        6. “              

                              7. “                 

                                         Sa                [Die Zahlen fehlen.]

b) Volksfortb.-schule:

                              1. Schuljahr 21

                              2. “               37

                              3. “              24

                                         Sa      82

4.)

So haben wir es halt wieder begonnen, das neue Schuljahr. Ein Kriegsschuljahr wird es sein, schrieb der Schulanzeiger. Wohl sind hier trotz des Krieges die Schulverhältnisse im allgemeinen geregelt; aber wieviele Hemmnisse treten doch einem gedeihlichen Unterrichte entgegen! Wie streng muß selbst bei den Mädchen die Schulzucht gehandhabt werden, gar nicht zu reden von den vielen Störungen, die dem Schulbetrieb aus den Unterrichtsbefreiungen wegen landwirtschaftlicher Notlage erwuchsen.

Im neuen Schuljahr werden der Störungen und Hemmnisse nicht weniger. Doch mit eisernem Willen wollen wir alles in Ordnung halten, was uns anvertraut ist, u. wollen den großen Anforderungen, die die große Zeit auch an uns stellt, gerecht zu werden versuchen.

 

5.) 1915 5. Mai

Das neue Schuljahr nimmt einen glückverheißenden Anfang. Zum erstenmal ertönten bei uns in Hammelburg die Siegesglocken aus Anlaß der großen Durchbruchsschlacht in den Karpathen. Ein Sieg von so weitreichender Bedeutung wird natürlich auch in allen Schulen aufs freudigste begrüßt und gefeiert. Der 5. Mai ist schulfrei.

[Nach wechselvollen Kämpfen wehrten deutsche und österreich-ungarische Truppen in der Winterschlacht in den Karpaten (Dezember 1914 bis April 1915) einen drohenden Einfall russischer Truppen über die Karpaten nach Ungarn ab.]

 

6.) 1915 3. Juni

Durch schulbehördliche Verfügung wird hier vom 4. Juni ab während der Dauer der notwendigen Feldarbeiten die tägliche Unterrichtszeit auf vier Vormittagsstunden herabgesetzt. Es sollen dadurch die Unterrichtsstörungen beschränkt werden, die durch die notwendig werdenden Befreiungen vom Schulbesuche entstehen. Vom 4. Juni ab beginnt infolgedessen der Schulgottesdienst um 6 h; Unterrichtszeit täglich von 7 – 11 h = 24 Wochenstd. In Wegfall kommen während dieser Zeit die Fertigkeiten: Zeichnen 2 Std., Turnen 1 Std., Handarb. 3 Std. = 6 Wochenstd.

 

7.) 1915 4. Juni

Przemysl wurde von den Deutschen und Österreichern zurückerobert: Drum ist von 10 h ab siegfrei.

[In Przemysl, ca. 250 km südlich von Warschau, gingen im März 1915 zunächst 110.000 österreichisch-ungarische Soldaten in russische Gefangenschaft. Sogar der Zar besuchte daraufhin die Stadt. Danach führte eine Gegenoffensive u. a. zur Einnahme von Przemysl, Warschau, Brest-Litowsk, Grodno und Wilna. Dann geriet der Krieg im Osten allerdings zum Stellungskrieg. Die Russen waren nicht geschlagen.]

 

8.) 1915 24. Juni

Abermals hallt Siegesjubel durch die Lande. Auch die galizische Hauptstadt ist wieder unser.

[Es handelt sich um Lemberg, die Hauptstadt des damaligen österreichisch-ungarischen Kronlandes Galizien. Die schwere Niederlage der zaristischen Armee entlastet die Donaumonarchie vom Druck der russischen Armeen.]

„Da haben wir wieder siegfrei,“ mutmaßt unsere Jugend, die gewohnt ist, die Größe eines Sieges mit diesem Maßstab zu messen. Und sie hatte recht. Nach dem Schulgottesdienst versammelte sich die gesamte Schuljugend auf dem Kirchplatz, wo durch Hw. H. Stadtpfarrer die Bedeutung des Sieges in einer Ansprache gewürdigt wurde. Der Vortrag patriotischer Lieder schloß sich an u. unter Gesang ging’s dann im Marsch zum Marktplatz, wo sich die siegesfrohe Schar unter begeisterten Hoch- und Hurrarufen zerstreute.

 

9.) 1915 18. Juli

Beginn der Ernteferien. Sie dauern bis 15./8.

 

10.) 1915 5. Aug.

Die Siegesglocken läuten: Warschau ist gefallen.

 

1915 28. Aug.

Wieder Siegesgeläute am Abend d. 27. Dazu Parademusik auf dem Marktplatz. Der Samstag ist schulfrei. Unsere Tapferen nahmen auf ihrem Siegeszug Brest-Litowsk.

 

11.) 1915 30. Aug. mit 4. Sept.

Die Lehrerinnen der Mittel- u. Oberkl. beteiligten sich an dem Turnkurs, dem ersten, der in Würzburg zur Ausbildung von Volksschullehrerinnen für den Turnunterricht abgehalten wurde.

 

12.) 1915 20. Sept. mit 3. Okt.

Herbstferien

 

13. Okt. mit 13. Okt.

Weinleseferien

Im Oktober begann auch wieder der regelmäßige Unterricht, Vor- und Nachmittagsschule.

 

13.) 1915 8. Nov.

Nisch ist gefallen; schulfrei.

[Niš deutsch Nisch, ist die zweitgrößte Stadt im zentralen Serbien.]

 

14.) 1915 6. Nov.

Marschierte vom Lager wieder ein neuzusammengestelltes Bataillon ab. Die Ausrückenden hatten das ganz besondere Interesse der Kinder, da sich unter denselben Herr Lehrer Herbst befand, der, vom Typhus vollständig genesen, wieder ins Feld zog. Ihnen sollte auch noch eine Freude bereitet werden. Als darum am Morgen in den Schulen der Vorschlag gemacht wurde, die Kinder sollen auf ihren Pauseapfel zugunsten der Ausziehenden verzichten, da war alles Feuer und Flamme. Die Pauseäpfel waren ihnen nicht genug. Um10 h eilten viele heim und baten die Mutter um mehr. Freudestrahlend kamen sie mit Täschchen u. Körbchen voll Äpfel, einige auch mit Nüssen. Das Ergebnis waren drei Waschkörbe voll Obst, die eine Abordnung hinaustragen u. verteilen durfte.

 

15.) 1915 14. Dez.

Auf dem Lager ist unter den Gefangenen ein Pockenfall aufgetreten. Infolgedessen mussten sich alle Kinder vom 5. bis 12. Lebensjahrs u. die gefährdeten Erwachsenen der Schutzpockenimpfung unterziehen. Acht Tage später Besichtigung der Impfblattern in den Schulen und Vortrag über die Schutzpockenimpfung durch H. Bezirksarzt Dürig.

[Gegen Pocken gibt es kein bekanntes Heilmittel, nur eine vorbeugende Impfung.]

 

16.) Weihnachten

Der Verein vom Roten Kreuz veranstaltete eine kleine Christbescherung für ungefähr 50 arme Kriegerkinder. Jedes der Mädchen wurde mit Hemdenstoff oder einem Schürzchen bedacht, die Knaben mit einem fertigen Hemd. Dazu erhielt jedes noch einige Äpfel u. Lebkuchen. Die schlichte Feier, die durch Lieder verschönt wurde, fand in der Arbeitschule statt.

Am Heiligen Abend mußte eine Maschinengewehr-Abteilung ins Feld. Um den Armen, denen der Abschied von der Heimat an diesem Tage wohl besonders schwer fiel, eine kleine Freude zu bereiten, wurden Weihnachtspäckchen für sie gerichtet u. mit einem Tannenzweig sinnig geschmückt.


 

17.) 1916 11. Jan.

Schulfrei: Gallipoli wird von den Engländern geräumt.

[Gallipoli liegt in der europäischen Türkei an den Dadanellen. Hier wollten  britische Truppen 1915 eine Front bauen. Unter hohen Verlusten schlug die türkische Armee die Invasion zurück.]

 

18.) 1916 6. Febr.

Hammelburg will nicht hinter den anderen Städten u. Städtchen zurückstehen. Am 6. Febr. wurde in der Nähe der Winzerhalle eine Kriegseiche gepflanzt und damit zugleich die Errichtung eines Kriegswahrzeichens verbunden. Den Verlauf der wohlgelungenen Feier schildert das „Hammelburger Journal v. 12. Febr. in einem längeren Artikel, der in der Beilage folgt.

 

Wie eine Schülerin des 6. Jhrg. sich über die Feier äußert, zeigt der folgende freie Aufsatz:

Eine patriotische Feier in Hammelburg. „Zum Andenken an die große Zeit, den tapferen toten Helden zum Gedächtnis pflanzte die Stadt Hammelburg in der Nähe der Winzerhalle eine Kriegseiche. Am Sonntag fand ihre Pflanzung statt. Es schien, als habe die Natur alles aufgeboten, die Feier zu verschönern, Der Himmel lächelte in seinem tiefsten Blau u. die Sonne sandte ihre warmen Strahlen auf die Erde. Auch wir Schulkinder durften dem Feste beiwohnen. Um 3 Uhr zogen wir vom Schulhaus aus zum Marktplatz. Dort schlossen sich  uns die Beamten, die Vereine mit Fahnen, eine Musikkapelle und sechs Knaben mit der jungen schöngeschmückten Eiche an und hinaus ging’s zur Winzerhalle. Der Hochw. Herr Stadtpfarrer hielt die Festrede u. am Schlusse derselben stimmten wir aus voller Brust in das Hoch auf unseren geliebten Bayernkönig u. das Haus Wittelsbach ein. Hierauf trug ein Schulmädchen das Gedicht vor „Deutsche Eiche im Sturm“ u. es erfolgte die Pflanzung des Baumes. Eine Flasche mit einigen Brotmarken, eisernen Geldstücken und Briefmarken wurden auch in die Baumgrube versenkt.

Unter Sang u. Klang zogen wir nun zum Marktplatz. Hier lag unter einem Baldachin das „Eiserne Kreuz, in das goldene, silberne u. eiserne Nägel geschlagen werden sollten. Nachdem drei Schülerinnen das Gedicht „Eisernes Kreuz“ vorgetragen hatten, hielt Herr Bürgermeister Uhl eine Ansprache, die mit einem Hoch auf den deutschen Kaiser endete. Während der Nagelung spielte die Musikkapelle noch einige Weisen u. wir marschiert. unter Absingen des Liedes „Ich hab mich ergeben“ wieder zur Schule zurück.

Gebe Gott, daß wir mit unseren Kriegern recht bald die Friedenslinde pflanzen können.“

[In der Winzerhalle, vom Winzerverein erbaut, wurden die von den Winzern abgelieferten Trauben gekeltert. Sie beherbergt heute die „Holzwerkstatt“ von Schreinermeister Harald Fischlein.

Wo diese Eiche gepflanzt worden ist, konnte nicht mehr in Erfahrung gebracht werden.]

Ob dieses Kriegswahrzeichen in irgendeinem Depot noch vorhandenist, konnte ebenfalls nicht geklärt werden.]

 

19.) 1916 26. Febr.

Die schlimmen Wirkungen des Krieges machen sich auf dem Gebiete der Erziehung immer mehr fühlbar. Man merkt nur zu oft, dass die energische Hand des Vaters in vielen Familien fehlt, u. namentlich ist es die der Volkshauptschule entwachsene Jugend, deren Betragen zu vielerlei Klagen Anlaß gibt. Um der weiteren Verrohung unserer Jugend zu steuern, wurden die Ortschulbehörden von seiten der Regierung mehrfach aufgefordert für die schulpflichtige Jugend des Ortes besondere den örtlichen Verhältnissen angepasste Verhaltungsvorschriften zu erlassen. Demgemäß wurden am 26. Febr. 1916 durch die Lokalschulkommission Satzungen für die Schuljugend Hammelburgs aufgestellt, die im Abdruck folgen.

 

1916 März

Der große Erfolg der ersten drei Kriegsanleihen, die insgesamt 25,8 Milliarden erbrachten, haben unseren zahlreichen Feinden die früher unterschätzte finanzielle Kraft Deutschlands enthüllt. Jetzt wird zu einem vierten Schlag ausgeholt, der den verbissenen Bedrängern Deutschlands neue Kunde geben muß von unserer finanziellen Leistungsfähigkeit. Die Werbetätigk. für die 4. Kriegsanleihe soll in die weitesten Kreise des Volkes getragen werden. Um namentlich die Lehrerschaft für diese Werbetätigkeit zu gewinnen fand am Mittwoch, den ….   März eine Konferenz statt unter dem Vorsitze des Herrn Regier.-rats Vocke. Schulsparkassen sollten nutzbar gemacht, Aufrufe an die Schüler verteilt werden, diese selbst sollten Werber sein bei Nachbarn, Bekannten u. Verwandten.

In allen Schulen setzte ein reger Eifer ein u. auch bei uns blieb der Erfolg nicht aus. Unsere Schüler zeichneten aus ihren Spareinlagen über 5000 M.

[Diese vierte Anleihe ist insgesamt ein Misserfolg gewesen. Daher entschied man sich bei den folgenden für eine Werbung mit Plakaten. Zwischen 1914 und 1918 nahm die deutsche Reichsbank durch insgesamt neun Kriegsanleihen ca. 98 Milliarden Mark ein, mit denen 60 % der Kriegskosten finanziert wurden. –

Mit der zunehmenden Dauer des Krieges, dem ausbleibenden Sieg, Versorgungsmängeln und Kriegsmüdigkeit sank die Zustimmung zum Krieg in der Bevölkerung. Seit 1915 gab es die ersten wilden Streiks und Demonstrationen.]

21.)

Immer wieder erhebt das Vaterland den Ruf: Gold in die Reichsbank! Wohl ist im öffentlichen Leben das Gold schon vollständig verschwunden, aber es soll noch gar manches 20 M-Stck. in Schränken und Strümpfen versteckt schlummern. Auch diese vollends dem Vaterlande zur Verfügung zu stellen, muß wieder die Schuljugend mithelfen. Ein Gedenkblatt ist in Aussicht gestellt für
200 M Gold, ein schulfreier Tag versprochen für 400 M. Das Mittel verfehlt seine Wirkung nicht. Es ist köstlich, wie die kleinen Reichsbürger, Männlein und Weiblein, den Leuten ihre Goldfüchse abzubetteln verstehen. Nicht selten laufen die Plagegeister von Haus zu Haus. Und der Hallo in der Schule, wenn wieder ein Goldstück kam. Bei solchem Eifer war freilich die vorschriftsmäßige Summe bald überschritten. Das Gesamtergebnis betrug 1260 M, sechs Gedenkblätter u. ein schulfreier Tag waren der Lohn.

[Im Deutschen Kaiserreich gab es 5-, 10- und 20-Goldmark-Münzen. Die 20-Goldmark-Münze war aber die gängigste.]

 

22.) 1916 3. April

Von 8 – 10 h Entlassungsprüfung;

Von 10 – 12 h Schlußprüfung


 

Schuljahr 1916 – 17

 

1.  &  2.) 1916 Mai

wie 1915 -17

 

3.) Schülerzahl im Mai 1916

a. Volkshauptschule:

          Vorbereitungskl. Mädch.28

          Unterkl.       2. Schuljahr28

                              3. “               29

          Mittelkl.      4. “               35 (34)<Bleistifteintrag

                              5. “               27 (39)<Bleistifteintrag

          Oberkl.        6. “               31

                              7. “              33 

                                         Sa                [Die Zahl fehlt.]

 

b) Berufsfortbildungsschule:

                              1. Schuljahr 32 (29)<Bleistifteintrag

                              2. “               20

                              3. “              34<Bleistifteintrag

                                         Sa                          [Die Zahl fehlt.]

 

4.) [Kein Datum!]

Der 1. Mai brachte uns die neue Sommerzeit, die von manchen mit recht gemischten Gefühlen erwartet wurde.

Der Schulgottesdienst beginnt um 7 h, der Unterricht um 8 h .

 

5.) 1916 9. Mai

Wie im Vorjahre wird auch heuer in den vier oberen Jahrgängen der Unterricht auf vier Vormittagsstunden beschränkt um den Schülern Gelegenheit zu geben die fehlenden Arbeitskräfte durch eifrige Mithilfe zu ersetzen.

 

6.) 1916 Mai

Überall macht der Krieg seine Wirkungen geltend. Papiermangel u. Steigerung der Papierpreise gebieten größere Sparsamkeit mit dem Papierverbrauch. Diese Sparsamkeit sollte auch auf die Schule ausgedehnt werden. Durch Benützung der Schiefertafeln an den Volksschulen u. durch weitgehende Ersetzung der schriftl. Übungen durch mündliche kann Papier gespart werden. Auch sollen die im abgelaufenen Schuljahr noch nicht vollgeschriebenen Hefte weiter benützt werden. Die Neuanschaffungen u. schriftl. Übungen werden in folgender Weise beschränkt:

Im 2. Schuljahr 1 Schönschreibh. für wöchentlich 1 Übung.

Im 3. Sch. 1 Schönschreibh. für wöchentl. 1 Üb. u. monatl 2 Deutschübungen. Im 4. u. 5. Sch. 1 Latein- u. 1 Deutsch-Schönschreibh. alle 14 Tage je 1 Übung.

In das Deutschheft ist monatlich eine Rechtschreib-, eine Sprachübung und
1 Aufsatz einzutragen.

6. u. 7. Schuljahr 1 Deutschheft, in das monatl. eine Sprachlehr-, 1 Recht-
schreibüb., ein Aufsatz u. nach Bedarf Schönschreibübungen einzutragen sind.

 

7.) 1916 25. Mai

Die Schüler sind aufgefordert, unsere einheimischen Teekräuter (Erdbeerblätter, Brombeerspitzen, Waldmeister) für die Lazarette zu sammeln. Dieser Aufforderung leisten die beiden oberen Schulen Folge.

 

8.) 1916 5. Juni

Schulfrei!

In heldenmütiger Tapferkeit von unsern „blauen Jungen“ die Seeschlacht am Skagerak geschlagen.

[Die Schlacht zwischen deutschen und englischen Kampfschiffen wurde hier als Sieg gefeiert. In Wirklichkeit ging sie unentschieden aus. Zu weiteren Kampfhandlungen kam es zwischen Flotten später nicht mehr.]

 

9.) 1916   Juni

Der Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften zwingt zu den Heuferien, welche für die 6. bis 7. Kl. 8 Tage dauern.

 

10.) 1916   Juni

Alt-Papier!

Noch 1913 betrug die ausländische Zufuhr von Stoffen für Papierherstellung
½ Mill. Diese Zufuhr hat aufgehört. Die Versäumnislisten der Werktags- und Sonntagsschulen bis zum Jahr 1905 dürfen zur Papiersammlung gegeben werden, wenn sie keine Einträge über Charakteristik u. Qualifikation des Schülers enthalten. Ebenso die Lehrberichte, die zu führen waren.

 

11.) 1916 12. Juni

100 Jahre bayrisch!

Durch Staatsvertrag mit dem Hause Österreich vom 14. April 1816 kamen die drei vordem fuldischen Ämter: Hammelburg; Brückenau und Weyers an die Krone Bayerns. Wer die wechselvollen Schicksale Hammelb. unter den verschiedenen Regierungen kennt, blickt mit Dankbarkeit auf die verhältnismäßig ruhigen 100 Jahre „bayrisch“ zurück.

Nach vollendetem Dankgottesdienst marschierte die Schuljugend, voran die weiß-blauen Fähnchen tragenden Knaben unter Absingen vaterländischer Lieder auf den Marktplatz, wo die Musikkapelle des Lager Hammelburg Aufstellung genommen hatte. Ihr schlossen sich an die Schüler des Gymnasiums u. die verschiedenen Vereine. Hochw. Herr Stadtpfarrer Martin machte in einer Ansprache auf die Bedeutung des Tages aufmerksam u. rief den Anwesenden die Pflicht der Dankbarkeit gegen unser bayr. Königshaus ins Gedächtnis. Zum Schluß wurde ein Huldigungstelegramm S. M. König Ludwig übersandt. Die schöne Feier schloß mit der Absingung der bayr. Königshymne u. mit einem begeisterten „Hoch“ auf König u. Vaterland.

 

12.) 1916 1. Aug.

Heute kam die Nachricht von dem Heldentod unsres lb. Kollegen Guido Herbst. 2 Jahre hat er dem Vaterland in opfervoller Treue gedient. Nun ist er tot,- der Besten einer – so schrieben seine Kameraden nach seinem Heldentod. Von Oktober 1913 bis Juli 1914 hat er in der Hammelburger 3. Knabenklasse gewirkt.

Ruhe sanft!

13.) 1916

Die Mädchen der Oberklasse beteiligten sich unter Leitung ihrer Lehrerin an der Sammlung von Brennesseln. Der Erlös wurde dem König Ludwig Haus in Würzburg zugeteilt, ebenso der Erlös für gesammelte Bucheckern.

 

14.) 1916 14. Aug.

Beginn der Schule nach den Ferien vom 17. Juli.

 

15.) 1916 22. Aug.

Seelengottesdienst für den gefallenen Hilfslehrer Guido Herbst unter Beteiligung zahlreicher Amtskollegen.

 

16.) 1916    Aug.

Nach Mitteilung des Kriegsausschusses für Öle u. Fette ist es möglich die Kerne bestimmter Obstsorten in Erfolg versprechender Weise zur Ölgewinnung zu verwerten u. so die knappen Ölbestände zu vermehren. Wie bei allen Sammlungen so beteiligte sich auch hier die Schuljugend mit Eifer, sodaß nach Abschluß der Sammeltätigkeit zwei große Waschkörbe voll der Bezirks-Sammelstelle übergeben werden konnten.

[Herr Maul konnte folgendes recherchieren: Aus 1000 kg Steinobstkernen  wurden 50 kg Speiseöl gewonnen, und für 1 kg dieser Kerne bekam der Sammler 10 Pfennige.]

 

17.) 1916    Sept.

5. Kriegsanleihe!

Auch diesmal fand eine Versammlung der Lehrer des Bezirks unter dem Vorsitz des Herrn Regierungsrates Voche statt. Der Erfolg blieb nicht aus.

 

18.) 1916 10. Sept.

Es wurde mit dem Umbau der Mädchenschule begonnen. Die Lehrzimmer der Ober- u. Mittelklasse wurden vergrößert. Die bei diesem Umbau eingegangene Arbeitsschule wurde in das frühere Lehrzimmer der Mädchen-Vorberei-tungsklasse verlegt.

 

19.) 1916 1. Okt.

Herr Hauptlehrer Hofmann tritt endgültig von der Schule zurück. Sein Nachfolger ist Herr Lehrer Simon von Langendorf.

 

20.) 1916 3. Okt.

Die Mädchenschule hatte Schulbesuch von H. Kreisschulinspektor Dr. Schmidt.

1916 5. Okt.

Hauptlehrerin Frau M. Kreszentia tritt von der Schule zurück. An ihre Stelle
M. Othildis Maag.

1916 7. Okt.

Visitation in der I. Knabenschule durch Herrn Kreisschulinspektor Dr. Schmidt.

 

21.) 1916 12. Nov.

Gar manche der fränkischen Städte u. Städtchen hat schon seit längerem ihr Kriegswahrzeichen. Hammelburg wählte als solches das „Eiserne Kreuz“. Unter Absingen vaterländischer Lieder folgte heute eine Nagelung durch das Gymnasium u. die Schüler u. Schülerinnen der Volksschule.

 

22.) 1916 12. Nov.

In den Weihnachtsferien wurden die vergrößerten Schulsäle getüncht.

 

23.) 1917 16. Jan.

Visitation der Mädchen Ober- u. Mittelklasse durch Herrn Kreisschulinspektor Dr. Schmidt.

 

1917 4. April

Visitation in der Vorbereitungsklasse.

6. Kriegsanleihe!

Sammelzeichnungen mit Kriegssparbüchern.

 

23.) 1917 28. Febr.

Schriftliche Prüfung.

 

1917 28. März

Mündliche Entlaßprüfung.

 

1917 2. März

Mündliche Prüfung in der Volkshauptschule.

Osterferien 5. April – 19. April


 

Schuljahr 1917 - 18

 

1.) 1917 5. Mai

wie 1913 -14

 

2.) Lehrerinnen:

M. Nikoletta Panzer, O.S.F f. d. Oberklasse seit 1. Mai 1910;

M. Demetria Riedlechner, O.S.F f. d. Mittelkl. seit 1. Mai 1910;

M. Bonaventura Fuchs, O.S.F f. d. Unterkl. seit 1. Okt.1914;

M. Othildis Maag, O.S.F Vorb. Knaben u. Mädchen seit 1.Okt. 1916

M. Fides Wenig, O.S.F Arbeitslehr. f. O u. U.

 

Schülerzahl im Mai 1917

a. Volkshauptschule:

          Vorbereitungskl. Mädch.

          Unterkl.       2. Schuljahr

                              3. “              

          Mittelkl.      4. “               34

                              5. “               39

          Oberkl.        6. “              

                              7. “                 

                                         Sa                [Die Zahlen fehlen.]

b) Berufsfortbildungsschule:

                              1. Schuljahr 29

                              2. “              

                              3. “             

                                         Sa                          [Die Zahlen fehlen.]

 

3.) 1917    Mai

Wie im Vorjahre so wird auch heuer die Unterrichtszeit in den vier oberen Jahrgängen auf vier Vormittagsstunden beschränkt. Der steigende Mangel an Arbeitskräften macht die Hilfe der Jugend notwendig.

 

4.) 1917    Aug.

Ferien vom 16. Juli mit 12. Aug.

 

5.) 1917    Aug.

Beschlagnahme der Glocken.

Keines von den kleinsten Opfern war die Beschlagnahme der Glocken zu militärischen Zwecken. Die durch Alter, Kunstwert u. schönen Klang hervorragenden Glocken blieben verschont. In unserer Gemeinde sind eigentlich sämtliche
4 Glocken der Beschlagnahme verfallen, da sie erst alle nach dem großen Brand von 1854 gegossen wurden. Bei diesem Brand wurde der Turm der Pfarrkirche eingeäschert, wobei die Glocken schmolzen. –

Es gelang dem Bemühen der Stadt- u. Kirchenverwaltung die größte und schönste zu erhalten, da sie aus den damals geschmolzenen Glocken hergestellt wurde. Die drei kleineren mussten abgeliefert werden. Die größte derselben mit einem Gewicht von 16 Ztr. Trägt den Spruch: Vivos voco, mortuos plango,fulgura frango und den Namen Maria. Die zweite mit einem Gewicht von 9 Ztr. trägt als Inschrift Gloria in excelsis Deo. Sie war dem hl Joseph, dem Patron der Sterbenden geweiht. Sie meldete das Ableben eines Gliedes der Pfarrgemeinde. Die 3., die kleinste, begrüßte mit ihrem Klang den neuen Weltbürger, wenn er zur Taufe getragen wurde. Sie war den unschuldigen Kindern geweiht.

Am Samstag den 18. August 1917 wurden die Glocken vom Turm gestürzt auf einen aufgeschichteten Reiserhaufen. Nachmittag ½ 3 h wagte die letzte u. größte der Glocken den gefährlichen Sturz in die Tiefe. Die Augen einer vielköpfigen Zuschauerschar namentlich der zahlreich versammelten Schuljugend begleiteten jeden der drei gefährlichen Stürze.

Die Stadt hatte rasch für Ersatz gesorgt und so kamen um 3 h die neuen Stahlgußglocken bei der Stadtpfarrkirche an.  Während der Nacht wurden die „alten“ u. „neuen“ Glocken im Rathaus aufbewahrt u. am Sonntag Nachmittag auf dem Kirchplatz vor dem Schulhaus aufge-stellt. Die alten wurden mit Kränzen u. Eichenlaub geschmückt. Um ½ 3 Uhr fand durch Herrn Stadtpfarrer Martin unter Assistenz Herrn Dr. Kaiser und Herrn Professor Schultheis die Weihe der neuen Glocken statt. Sie erhielten die für unsere Stadt und die ganze Gegend so bedeutungsvolle Namen Bonifazius (die größere) und Sturmius (die kleinere d. Glocken.) Nach der ergreifenden Feier wurden auf dem Kirchplatz die „alten“ u. die neuen photographiert.

Sie, die uns schon so manchen Sieg verkünden konnten, müssen nun selbst hinaus ziehen und neue Siege erkämpfen helfen.

[Der Mangel an Buntmetall zwingt zu dieser Maßnahme im ganzen Reich, das als rohstoffarmes Land auf Importe angewiesen war. Gegenstände aus Messing, Kupfer, Zinn und Zink müssen abgeliefert werden. Man benötigte das Material u. a. für Geschosshülsen. Es werden überall sogar kupferne Sudpfannen, Bierkrüge und Bierkrugdeckel aus Zinn beschlagnahmt Auch Zinnpfeifen von Kirchenorgeln wurden abgeliefert.]

 

6.) 1917  30. Aug.

Lehrerinnenwechsel

Die Lehrerin der I. Mädchenklasse, M. Nikoletta Panzer, wird versetzt, nachdem sie 9 Jahre an der hiesigen Mädchenschule u. zwar seit 1. Mai 1910 an der Oberklasse gewirkt hatte. An ihre Stelle trat M. Hereswida Schmid.

 

7.) 1917  9. Sept.

Ferien!

Beginn derselben – voraussichtlich bis 24. September.

 

8.) 1917  21./22. Sept.

Altgummi-Sammlung

Heute sollte Altgummi gesammelt werden. Einige Mädchen der Oberklasse wanderten also zu diesem Zwecke mit ihren Körben von Haus zu Haus. 2 kleine Körbe voll alter Gummibälle, Gummischläuche u.s.w. waren der Erfolg.

 

9.) 1917    Sept.

Kriegs-Schule!

Wer in den gegenwärtigen Ferien die Arbeitsschule besucht, findet eifrige „Schusterinnen“, die gar emsig an der Herstellung ihrer Kriegsschuhe arbeiten, wozu sich alte Stoffreste u. Stroh vorzüglich eignen. Schuhleisten in verschiedener Größe laden zu gleicher Beschäftigung ein. Was doch der Krieg alles lehrt u. wirklich auch zu Wege bringt!

 

10.) 1917 24. Sept.

Ferien! – Kartoffelernte!

Die Ferien vom 9. September wären heute zu Ende. Doch in folge der vielen Arbeit bei so günstiger Witterung wird den oberen 4 Klassen noch mal 8 Tage frei gegeben. Die Eltern wurden aufmerksam gemacht, ihre Arbeiten, zu denen sie die Kinder benötigen, so viel als möglich in dieser Woche zu erledigen. Die 3 unteren Jahrgänge Knaben u. Mädchen haben Schule. Doch darf ihnen, falls auch sie zu kleineren Arbeiten z. B. Kartoffelklauben, erforderl. sind, Nachm. freigegeben werden.

 

11.) 1917 15. Okt.

Schulbeginn

Am 15. Okt. beginnt in allen Schulen wieder der Vor- und Nachmittagsunterricht.

 

12.) 1917 3. Okt.

Kriegsanleihe:

Zum siebten Mal ergeht an das deutsche Volk der Ruf:

Zeichnet Kriegsanleihe! Das Volk soll wieder dazu gebracht werden ihre finanziellen Kräfte in den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Um die Lehrerschaft auch diesmal für die Werbetätigkeit zu gewinnen fand am Mittwoch, den 3. Okt. eine Konferenz statt unter Vorsitz des Herrn Regierungsrat Vocke. In allen Schulen setzte reger Eifer ein. Bei 1000 M Kriegsanleihe war den einzelnen Klassen ein schulfreier Tag versprochen worden. Keine Klasse wollte nun zurückbleiben.

Ergebnis dieses Eifers waren 7700 M Stück- u. Sammelzeichung.

 

13.) 1917 18. Okt.

Der in Aussicht gestellte schulfreie Tag.

 

14.) 1917 9. Nov.

Siegfrei!

Durchbruchsschlacht am Isonzo.

[Die Schlachten vom Juni 1915 bis Oktober 1917 am Isonzo waren für beide Seiten – Italiener und Mittelmächte – sehr verlustreich, ehe der Durchbruch belang.]

 

15.) 1917 21. Nov.

Für heute waren 1200 Italiener angemeldet. Zerrissen, erfroren u. halbverhungert bewegte sich um ½ 10 Uhr der traurige Zug am Marktplatz vorbei. Die Gefangenen machten einen kläglichen Eindruck. Die Schuljugend schenkte ihnen Äpfel und Vesperbrot, was mit dankbaren Blicken angenommen wurde. Beiliegend die originelle Zeichnung eines 9jährigen Schülers.

 

16.) 1918 13. Febr.

Lehrerinnenwechsel

M. Othildis Maag, O.S.F. übernimmt für M. Wenefrida Greser d. Unter. in der Unterkl. d. Knaben. M. Rosa gibt d. Abteilungsunt. in d. Vorb. Kl.

16.) 1918 20. Febr.

Goldenes Hochzeitsjubiläum das Königspaares.

Alle Schulkinder wohnten zunächst dem feierlichen Gottesdienste bei. Nach Beendigung desselben fand eine kleine Schulfeier statt, welche mit dem Lied „Wo stolz weiß-blaue Banner wallen“ eröffnet wurde. Das Schulzimmer war zur Verschönerung der Feier einfach dekoriert. Eine Ansprache des Herrn Hauptlehrers Ungemach wies die Kinder auf die Eigenschaften des edlen Herrscherpaares hin. Einige Kinder trugen noch passende Gedichte vor. Mit der Königshymne endete die schlichte Feier.

 

17.) 1918    April

8. Kriegsanleihe.

Schon wieder Kriegsanleihe! Konnte man des öfteren hören. Doch wieder Erwarten fiel dieselbe gut aus.

Den einzelnen Schulklassen war bei 1000 M ein schulfreier Tag in Aussicht gestellt. Das Ergebnis der Schulklassen war 8000 M.

 

18.) 1918 17. April

Der in Aussicht gestellte schulfreie Tag.

 

19.) 1918 10. April

Entlassungsprüfung

der Fortbildungsschülerinnen. Die Schulprüfung fand schon am 25. Febr. statt.

 

20.) 1918    April

Sammelt Haare!

Die Schulkinder bringen die gesammelten Haare in die Schule, von wo aus sie an die hiezu bestimmte Stelle abgeliefert werden. Verwendung derselben zu Riemen, Füllung von Matrazen u.s.w.

 

21.) 1918 15. April

 

Lehrerinnenwechsel

Die Lehrerin der Unterklasse M. Bonaventura Fuchs, O.S.F. tritt von der Schule zurück. Ihre Nachfolgerin ist M. Eunomia Beck.

 


 

Schuljahr 1918 - 19

 

1.) 1918 1. Mai

wie 1913 -14

 

2.) 1918 3. Mai

Lehrerinnen:

M. Hereswida Schmid, O.S.F f. d. Oberkl. seit 1. Sept. 1917;

M. Demetria Riedlechner, O.S.F f. d. M. seit 1. Mai 1910;

M. Eunomia Beck, O.S.F f. d. Unterkl. seit 15. April 1918;

M. Rosa                                                 seit 13. Febr. 1918

M. Fides Wenig, O.S.F Arbeitslehr. f. d. Oberkl.

Schülerzahl im Mai 1918

a. Volkshauptschule:

          Vorbereitungskl. Mädch.

          Unterkl.       2. Schuljahr

                              3. “              

          Mittelkl.      4. “              

                              5. “              

          Oberkl.        6. “              

                              7. “       

                                                   [Alle Zahlen fehlen.]

b) Berufsfortbildungsschule:

                              1. Schuljahr

                              2. “              

                              3. “   

                                                   [Alle Zahlen fehlen.]

3.) 1918 1. Mai

Der immer größere Mangel an Arbeitskräften macht auch heuer wieder dieHilfe der Schulkinder nötig. Der Unterricht ist darum für die oberen 4 Jahrgänge auf den Vormittag von 8 – 12 h festgesetzt. Nachmittag ist frei.

 

4.) 1918 7. Juni

Wir sammelten Tee für die Soldaten!

 

5.) 1918 10. Juni

Beginn der Heuernte.

Der Unterricht in allen Klassen – die Vorbereitungskl. ausgenommen –  ist Früh von 8 – 10 h. Die übrige Zeit steht für Erntearbeit zur Verfügung.

 

1918 10. Juni

Unterricht wieder von 8 – 12 h

Ferien!

Am 21. August (sic!) beginnen die Ferien. Sie dauern bis 19. August.

 

Unterricht!

1918 19. Aug.

Am 19. August beginnt wieder die Schule.

 

1918 Sept.

Kartoffelferien vom 15. bis 30. Sept.

 

1918 19. Aug.

Knabenschule.

M. Wenefrida Greser beginnt wieder den Unterricht in der Unterklasse der Knaben.

Mädchenschule:

M. Othildis hat wieder die Vorbereitungsklasse.

M. Rosa wird nach Augsb. versetzt.

 

1918 1. Okt.

D. Unterricht beginnt wieder.

M. Othildis Maag wird nach Ottobeuren versetzt. An ihre Stelle tritt M. Narzissa Söldner.

Brennessel!

An den freien Nachmittagen sammelten die Kinder, welche daheim nicht benötigt waren, Brennesseln, die im Lagerhaus abgeliefert wurden.

[Das Lagerhaus war die „Baywa“ in der Fuldaer Straße hinter dem Bahnhof. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Supermarkt.]

 

1918 1. Okt.

Bucheckern!

An die Schulen ging die Anforderung Bucheckern zu sammeln. An einigen Nachmittagen gingen die Schüler u. Schülerinnen aller Klassen, soweit sie zuhause nicht benötigt wurden, in den Fuchsstädter Wald unter Beaufsichtigung der Lehrpersonen. Der Erlös betrug 171 M. welcher den einzelnen Kindern ausbezahlt wurde.

 

1918    Okt.

Weinlese Ferien

Vom 17. - 25. Okt.

 

1918    Dez.

Wechsel!

M Wenefrida Greser wird von der Aushilfe in der Knabenschule befreit, da dort H. Lehrer Kolb die Stelle übernimmt.

 

[1919] 1. Jan.

Schulaufsicht!

Den neuen Verordnungen gemäß ist Herr Hauptlehrer Ungemach der stellvertretende Distriktsschulinspektor. Dieser übernimmt bis zur endgültigen Regelung zunächst die  Fortführung des Schulbetriebs u. der Verwaltungsgeschäfte an Stelle der bisherigen Distriktsschulinspektoren.

Die bisherigen Befugnisse des Lokalinspektors verteilen sich. Sie gehen über teils auf den alleinstehenden oder geschäftsführenden Lehrer teils auf die Distriktsschulbehörde. Der geschäftsführende (dienstälteste) Lehrer nimmt sich um die Wahrung der Hausordnung, die Verwaltung jener Einrichtungen, die zwei oder mehreren Schulabteilungen dienen, u. um die Erledigung des dienstlichen Schriftverkehrs verantwortlich an.

Die Sorge für die Ordnung in den äußeren Schulverhältnissen obliegt jedem Lehrer für seine Schule oder Schulabteilung.

 

[1919] 19. Febr.

Schluß- und Entlassungsprüfung.

Es wird angeordnet, dass für das laufende Schuljahr an allen Volkshauptschulen u. Volksfortbildungsschulen die vorgeschriebenen Prüfungen nicht abgehalten werden. Die Zeugnisse sind von jenen Lehrkräften auszustellen, deren Schule die zu entlassenden Schüler zuletzt angehört haben. Dabei sind im Fleiße, Betragen u. in den Leistungen die Jahresnoten einzutragen. Die Zeugnisse sind vom ausstellenden Lehrer zu unterschreiben u. vom Magistrat mit dem gemeindlichen Dienstsiegel zu beglaubigen.


 

Schuljahr 1919 - 20

 

1.) 1919 1. Mai

siehe Januar!

 

2.) 1919 1. Mai

Lehrerinnen:

Oberkl. M. Hereswida Schmid, O.S.F seit 1.9.17.

Mittelkl. M. Demetria Riedlechner, seit 1.5.10.

Unterkl M. Eunomia Beck, seit 15.4.18.

Vorb.kl. M. Narzissa Söldner seit 21.9.18

Arbeitssch. M. Fides Wenig

Schülerzahl:

a. Volkshauptschule:

          Vorb.kl. Mädchen

          “            Knaben

          Unterkl.       2. Schuljahr

                              3. “              

          Mittelkl.      4. “              

                              5. “              

          Oberkl.        6. “             

                              7. “       

                                                   [Alle Zahlen fehlen.]

b) Berufsfortbildungsschule:

                              1. Schuljahr

                              2. “              

                              3. “   

                                                   [Alle Zahlen fehlen.]

3.) 1919 1. Mai

Die Unterrichtszeit der vier oberen Jahrgänge wird nicht mehr wie in den verflossenen Kriegsjahren auf 4 Stunden beschränkt, sondern es ist wieder Vormittag und Nachmittag Schule.

In der Vorbereitungsklasse wird wegen Mangel eines Schulzimmers der Unterricht der Knaben u. Mädchen auch weiter Abteilungsweise erteilt.

 

4.) 1919 28. Mai

Lehrerräte.

Ortslehrerrat. An jeder Volksschule mit mehr als zwei Schulabteilungen besteht ein Lehrerrat. Die Lehrpersonen sind die ordentlichen Mitglieder. Aus ihnen wird ein Vorsitzender nebst einem Ersatzmann gewählt.

Bezirkslehrerrat. Die gesamte Lehrerschaft wählt den Bezirkslehrerrat.

Der Kreislehrerrat wird von d. Lehrerschaft eines Regierungsbezirkes u. der Landeslehrerrat von der gesamten Lehrerschaft auf drei Jahre gewählt.

 

5.) 1919 Juni

Wahl für den Ortslehrerrat.

Herr Hauptl. Ungemach wurde als Vorsitzender u. H. Hauptl. Simon als Ersatzmann gewählt.

 

6.) 1919 Juli

Wahl für die übrigen Lehrerräte.

 

7.) 1919 Juli 10. Sept.

Auf dem hiesigen Progymnasium werden mit dem beginnenden Schuljahr auch Mädchen zugelassen. Es traten 4 Schülerinnen d. hiesigen Volksschule dortselbst in die 1. Klasse ein.

 

8.) 1919 19. Juli

Ferien!

a) vom 19. Juli bis 18. August

b) “       21. Sept.“                      [keine Angabe]

 

9.) 1919 10. Sept.

Heimkehr unserer Kriegsgefangenen!

Endlich sollte auch für unsere Gefangenen die Stunde der Erlösung kamen. (sic!) Am Mittwoch trafen die ersten 940 Mann aus englischer Gefangenschaft ein. Hammelburg als End- u. Empfangsstation tat sein möglichstes um den Empfang der G. zu einem würdigen u. herzlichen zu gestalten.

Der Bahnhof war reich geschmückt. Die Schulkinder waren die ersten Überbringer der Grüße aus der Heimat. Gegen 11 h lief der Zug ein unter größter Ruhe der am Bahnhof versammelten Menge. Die Knaben schwenkten Fähnlein, die Mädchen winken mit den Sträußen, welche sie den aussteigenden G. entgegenwarfen od. sie den einzelnen gaben. Des öfteren war eine Träne, auf den gebräunten Wangen als Zeichen des Dankes. D. Stadtkapelle H. leitete den Empfangsakt ein. Hierauf wurde ihnen Gebäck, Kaffee, Tee, Limo, belegte Brötchen, Zigarren gereicht. Herr Regierungsrat Vokke begrüßte mit herzlichen Worten die Angekommenen. Der Abtransport zum Lager erfolgte mittels Auto, die in den Landesfarben geschmückt waren.

H. u. das Lager haben Ehrenpforten errichtet u. reichen Fahnen- u. Quirlandenschmuck angelegt. Rührender war der Empfang im Lager, wo die Russen Aufstellung genommen um den deutschen Gefangenen Glück zur Heimkehr zu wünschen. An zwei Abenden fand dann auf d. L. eine Begrüßungsfeier statt u. am anderen Morgen war Dankgottesdienst.

Am 14. endlich konnten die G. den Zug besteigen, der sie an den langersehnten Heimatort bringen sollte. Eines ihrer letzten Zurufe war: Wir werden H. nie vergessen! Einige Schulkinder stellten sich aus eigenem Antriebe auf die Thulbabrücke und sangen beim Vorbeifahrendes Zuges: In der Heimat ist es schön!

 

10.) 1919 24. Sept.

Heute traf der zweite Transport Gefang. ein, 1250 Mann. Auch diesmal war der Empfang eine herzlicher. Die nicht Gehfähigen wurden mittels Lastauto nach dem Lager gebracht, während der größte Teil unter Musikbegleitung nach dem Lager marschierte. Dort hatten die Russen wieder Aufstellung genommen mit einer Fahne mit folgender Aufschrift: „Von Russische Gefangene Herzliches willkommen für deutsche Kameraden gefangenschaft Frieden u. Freiheit.“

[Ein bemerkenswerter Empfang von ehemaligen Kriegsgegnern. – Im Lager Hammelburg existiert übrigens heute noch ein Friedhof verstorbener russischer Gefangener.

Es erhebt sich die Frage, wieso die Russen eineinhalb Jahr nach dem Vertrag von Brest-Litowsk immer noch in deutscher Gefangenschaft waren. In ihrer Heimat herrschten nach der Revolution chaotische Verhältnisse. Deshalb wollten die Gefangenen auch nicht heim. Die letzten Russenlager in Deutschland wurden erst 1922 aufgelöst.]

 

11.) 1919 Dez.

Weihnachtsferien

Von                                  [Zeitangabe fehlt.]

 

12.) 1920 …Febr.

Heimkehr der zurückgekehrten Gefangnen.

In mehreren Abteilungen zogen die „frohen Heimkehrer“ vom Lager zum Bahnhof unter Musikbegleitung u. den freudigen Zurufen der Hammelburger. Die Schulkinder sangen ihnen von den Schulfenstern das Lied zu: In der Heimat ist es schön. Ein freudiges Winken war die Antwort. Die Mädchen verfertigten auch niedliche Sträußchen, die ihnen als Andenken einige Mädchen am Bahnhof überreichten.

 

13.) 1920 1. Jan.

Die Vorbereitungsklasse wird nunmehr wieder getrennt unterrichtet u. zwar im Abteilungsunterricht. Für die Knaben kam eine Kandidatin Jgfr. Rosa Kraus.

 

14.) 1920 April

Prüfungen.

Auch heuer fallen die Prüfungen aus.


 

Schuljahr 1920 - 21

 

1.) 1920 1. Mai

Bezirksschulrat Dunkel

 

2.) 1920 1. Mai

Lehrerinnen:

Oberkl. M. Hereswida Schmid, O.S.F s. 1.9.17.

Mittelkl. M. Demetria Riedlechner, s. 1.5.10.

Unterkl. M. Eunomia Beck, s. 15.4.18.

Vorb. M. Narzissa Söldner s. 21.9.18

Vorb. Knab. Frl. Rosa Kraus s. 1.1.20

Arbeitssch. M. Fides Wenig

Schülerzahl

Volkshauptschule:

          Vorbbereitungskl. Mädchen     

          “                            Knaben

          Unterkl.       2. Schuljahr

                              3. “              

          Mittelkl.      4. “              

                              5. “              

          Oberkl.        6. “              

                              7. “       

                                                   [Alle Zahlen fehlen.]

Fortb.Schule:

                              1. Jahrgang

                              2. “              

                              3. “   

                                                   [Alle Zahlen fehlen.]

 

3.) 1920 1. Mai

Das Lager ist zur Zeit Kinderheim. Erholungsbedürftige Kinder besond. aus den Großstädten finden dort einige Wochen Erholung.

Die hiesigen Kinder sammelten auch Obst, welches dann von den Kindern gelegentlich eines Ausfluges abgeholt wurde.

[Es handelt sich um das Kinderheim Marienruhe. Träger?]

 

4.)

Die Sommerferien dauerten vom 18. Juli bis 16. Aug.

Die Herbstferien d. v. 11 Sept. bis 27. S.

Die Weinleseferien v. 5. Okt. bis 10. Okt.

 

5.) 1920 1. Okt.

Lehrerinnenwechsel!

An Stelle von Frl. Rosa Kraus tritt die L. M. Edburga Wille.

Nov.

Die Knaben u. Mädchen d. Vorbereitungskl., die bisher Wechselunterricht hatten, haben wieder vollständigen Unterricht, d. h. die gleiche Unterrichtszeit wie die anderen Schulen. Die Mädchen werden in dem früheren Lehrerzimmer, das bisher seit 1916 als Arbeitsschule verwendet wurde, unterrichtet.

 

1920 1. Dez.

Wechsel in der Vorbereitungsklasse Knaben!

Die L. M. Edburga versetzt – an ihre Stelle eine weltliche Lehrerin Fr. Adelheid Kühl


 

Schuljahr 1921/22 <mit Bleistift eingefügt

 

1921 12. Mai

H. Hptl. Ungemach übernimmt die Vorbereitungskl.

Knaben als 4. Knabenschule.

 

1921 12. Mai

Lehrerinnenwechsel!

M. Eumonia Beck wurde nach Augsb. versetzt. An ihre Stelle trat M. Immaculata Finzel.

 

1921    Aug.

Äpfelsammlung für das Kinderheim

 

1921    Dez.

Bescherung der Kriegswaisen.

 

Schuljahr 1922 - 23

 

1.) 1922 1. Mai

Bezirksschulrat Dunkel

 

2.) 1922 1. Mai

Lehrerinnen:

Oberkl. M. Hereswida Schmid, O.S.F.

Mittelkl. M. Demetria Riedlechner, O.S.F.

Unterkl. Immaculata Finzel, O.S.F.

Vorbkl. M. Ottilie Huber, O.S.F.

 

1922 1. Mai

Frau Narzissa Söldner, zur Oberlehrerin ernannt, wurde in den Ruhestand ver.

M. Ottilie trat an ihre Stelle.

 

1922 Juni

Ferienaufenthalt einiger Kriegswaisen in Gaibach.

 

1922 Sept.

Kartoffelsammlung fürs Kinderheim.

 

1922 11. Nov.

Tod des H. Hauptl. Otto Ungemach. An dessen Stelle trat als Schulleiter H. Hptl. Simon.

 

1922    Dez.

Die Kriegswaisen wurden auch im heurigen Jahre wieder beschenkt.

 

1923    Jan.

An Stelle des bisherigen Schulrats Dunkel trat Herr Schulrat Schunk für den Bezirk Hammelburg und Karlstadt

 

 

Schuljahr 1923 – 24

 

1923    April

Lehrerinnen wie 1922/23

 

1923 13. April

Beginn des neuen Schuljahres. Das neue Schuljahr beginnt nun jedes Jahr nach den Osterferien.

 

1923 18. Juni

Die Vorbereitungskl. Knaben u. Mädchen werden gemeinsam unterrichtet v. M. Ottilie Huber, da die Mittelkl. der Knaben getrennt unterricht werden.

 

1923 Sept.

Kartoffelsammlung fürs Kinderheim

 

1924 14. April

Bei Eröffnung der Kissinger Bahn machen die Kinder eine Freifahrt nach Bad Kissingen

Die Abbildung zeigt die Vorder- und Rückseite der Einladung zur ersten Bahn-fahrt. Die Freikarte war für Frau Hereswida Schmid ausgestellt, die sie aber an-scheinend nicht benutzt hatte. Die Karte lag in den „Schulischen Aufzeichun-gen“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1924    Jan. – Juni

Mehrere erholungsbedürftige Kinder werden privat von Familien in Österreich aufgenommen.

 


 

Schuljahr 1924 – 25

 

1924    April

Lehrerinnen wie 1922/23

 

1924 1. Mai

Beginn des neuen Schuljahres.

In den Schuljahren 23/25 macht Herr Schulrat Schunk seine außerordentlichen Schulbesuche in der Vorbereitungs-, Unter- u. Mittelklasse.

 

1924    Okt.

H. H. Stadtpfarrer Martin hält für die Schulkinder einen Lichtbildervortrag über seine Romreise.

 

1925    Febr.

Alle Schulkinder besuchen das Kino (Schülerfilm) u. hören den Vortrag über die Einrichtung eines modernen Dampfers.

 

1925  

Am 31. März u. 1. April sind die ordentliche Entlassungs- u. Schlußprüfungen.

Knaben u. Mädchen werden gemeinsam geprüft.

 

1925   2. April

eine einfache aber herzliche Schlußfeier

 

1925   20. April

M. Hereswida Schmid, Lehrerin der Oberklasse, wird versetzt, nachdem sie seit 30. Aug. 1917 hier gewirkt hatte.

Während dieses Schuljahres wurde Frau Immakulata Finzel zur Oberlehrerin ernannt.

Die beiden Lehrerinnen der Ober- u. Mittelklasse wurden wegen Überstunden von der Erteilung des Handarbeitsunterrichts befreit und damit die Lehrerin der Vorbereitungsklasse betraut.

 

Schuljahr 1925 – 26.

 

1925 24. April

Beginn des Schuljahres.

Die Oberklasse wurde von Hauptlehrerin M. Coelestine Engelhard übernommen, ebenso der 2. Jahrgang Fortbildungsschule.

 

1925 30. Juni

Das Lehrzimmer der Oberklasse erhielt neue Bänke, 14 Viersitzer, von den Kindern freudigst begrüßt. Die Zahl der Bänke wird freilich nur für dieses Schuljahr genügen.

 

1925 1. Juni

Es fand die feierliche Einweihung des von dem Hammelburger Künstler Kaspar Ruppert in München modellierten Kriegerdenkmals an der Südwestecke des Rathauses statt. Die Schuljugend beteiligte sich am Gottesdienste, Festzuge und Weiheakte auf dem Marktplatz. Zwei Mädchen und ein Knabe vertraten mit einem entsprechenden Gedichte vor dem Denkmal die Kriegerwaisen der Stadt.

[Der Hammelburger Winzersohn und Ehrenbürger Kaspar Ruppert (1875 – 1948) schuf neben dem steinernen Kriegerdenkmal in Hammelburg und Umgebung zahlreiche Madonnen, Bildstöcke, das Tor der „Darlehenskasse“ – heute im großen Saal der Raiffeisenbank – und Grabdenkmäler. Die Kreuzwegstationen im Friedhof stammen ebenso von ihm wie das Relief in der Aula von Grund- und Mittelschule. –

In den „Schulischen Aufzeichnungen“ befand sich ein Zeitungsbericht über die Enthüllung des Kriegerdenkmals am Rathaus. Er ist abgedruckt auf den Seiten 46 und 47.]

  

 

1925 29. Sept.

Die Schüler und Schülerinnen der Oberklasse begrüßten vor dem Rathause den Herrn Minister des Innern.

[Wahrscheinlich war es der bayrische Innenminister.]

 

1925    Nov.

Die Schulklassen durften eine „Frucht- u. Obstschau“ und einen „Kulturfilm“ besuchen.

 

1925    Nov.

Ein Missionspriester der „Weißen Väter“ hielt einen sehr interessanten Lichtbildervortrag über Land u. Leute Ostafrikas.

[Es ist anzunehmen, dass dieser Priester im ehemaligen Deutsch-Ostafrika gewirkt hatte, einer der vier deutschen Kolonien in Afrika. Deutsch-Ostafrika  umfasste die heutigen Länder Tansania (ohne Sansibar, das gegen Helgoland  und den Caprivizipfel 1890 ausgetauscht worden war), Burundi und Ruanda.

In Deutschland hielt man die Wegnahme der Kolonien nach dem Krieg für ein großes Unrecht und war daher sehr an Informationen aus diesen Ländern interessiert.]

 

1926 14. Febr.

In festlichem Zuge wurden die drei neuen Glocken abgeholt und in der Pfarrkirche fand die feierliche Weihe der derselben statt mit Festpredigt u. entsprechenden Liedern.

Die Schluß- u. Entlassungsprüfungen waren auf 8. u. 9. Februar festgelegt worden u. wurden an diesen Tagen abgehalten.

Die Kinder hörten einen Vortrag über unsere Grenzdeutschen und sahen die besprochenen Gebiete im Lichtbilde.

 

1926 25. März

Die Oberklassen hielten eine einfache Schlußfeier, nachdem sämtliche Klassen dem Schlußgottesdienste beigewohnt hatten. Die Lehrerin der Oberklasse wurde wegen Krankheit ein halbes Jahr beurlaubt.


 

Schuljahr 1926 – 27.

 

1926 15. April

Beginn des neuen Schuljahres.

Die Aushilfe wurde von der Lehrerin Edelgardis Lindner, O.S.F übernommen. Das übrige Lehrpersonal wie im Vorjahr.

 

1926 10. Mai

Der kalte Frost der letzten Nacht wurde die traurige Ursache der kommenden Weinmißernte, wie sie seit einem Menschenalter nicht erlebt wurde.

 

1926    Juni

Firmung!

Erstmaliger Empfang des neuen Diözesanbischof Dr. Matthias Ehrenfried am Kissingertor.

 

1926    Juli

Während der großen Ferien wurden die Lehrsäle der I., II. und IV. Mädchenschule getüncht.

 

1926  1. Aug.

Heute, am 1. Augustsonntag, der 12. Wiederkehr des 1. Mobilmachungstages 1914, wurde unsere Pfarrkirche durch eine neue Herz-Jesu-Statue, die der Kanzel gegenüber Aufstellung fand, bereichert. Sie soll in den gegenwärtigen und kommenden Geschlechtern die Erinnerung an den furchtbaren Weltkrieg festhalten und ist der Dank der zurückgekehrten Krieger für die glückliche Heimkehr. Von einem Feldzugsteilnehmer gestiftet, oblag die Ausführung des Werkes unserm Heimatkünstler Ruppert, welcher in der Statue als Kriegsdenkmal den Gedanken das Herz als König und Hoherpriester in genialer Weise verwirklichte.

[Pfarrer Oskar Röll schreibt im Kirchenführer der Stadtpfarrkirche Hammelburg: “Im Dämmerlicht der Turmkapelle kann man die Christkönigs-Statue aus dem Jahr 1925 von Kaspar Ruppert erkennen, eine Dankesgabe für glückliche Heimkehr aus dem Weltkrieg 1914/18.“]

 

1926  4. Okt.

Im nahen Kloster Altstadt wurde die 700jährige Todesfeier des hl Franziskus mit einem feierlichen Triduum begangen, das während der ersten Oktobertage das religiöse Leben der katholischen Bevölkerung des mittleren Saalegaus aufs neue entzündete. Tausende frommer Wallfahrer umlagerten die stille Klosterkirche Tag und Nacht, wie es Altstadt in den früheren Jahrhunderten kaum gesehen haben dürfte.

 

1926  4. Okt.

Wegen der vollständigen Missernte fallen die Weinleseferien aus.

 

1926 19. Nov.

Visitation der 1. Mädchenschule durch Herrn Bezirksschulrat Schunk aus Karlstadt.

 

1926 30. Nov.

Lichtbildervortrag über „Das bayerische Hochland“, der Aug und Ohr gefangen nahm für die Schönheiten der bay. Alpenwelt und des -vorlandes mit München.

 

1927    Jan.

Der auf der Westseite des Schulhauses liegende Rentamtsweiher wird ent-schlammt und soll in einen Fischweiher umgewandelt. (sic!)

 

1927    Jan.

Kaum hatte nach den Weihnachtsferien die Schule wieder begonnen, als die Grippe zuerst vereinzelt, dann epidemieartig unter Kindern u. Erwachsenen auftrat. Die Klassen sanken auf 25, 20 % ihrer früheren Stärke. Glücklicherweise forderte die Krankheit keine Opfer.

 

1927 14. Febr.

Prüfung der 7. Knaben- u. Mädchenklassen, vormittags die Knaben, nachmittags die Mädchen.

 

1927 16. Febr.

In seiner Sitzung beschloß der Stadtrat die Einführung der 8. Klasse für beide Geschlechter. Da für diese keine neue Lehrkraft in Frage kommt, wird eine neue Klasseneinteilung notwendig. Mit Beginn des neuen Schuljahres löst sich die
1. kombinierte Klasse auf. In Zukunft werden bei Knaben und Mädchen das 1. u. 2., das 3. u. 4., 5. u. 6., 7. u. 8. Schuljahr gemeinsam unterrichtet.

 

1927 21. März

Heute sind die Entlassungsprüfungen, Knaben und Mädchen getrennt.

 

1927 25. März

Zur Einführung in die neue Lehrordnung hielt Herr Regierungsschulrat Dr. Schmidt einen Vortrag in Karlstadt. Das Erscheinen der Gesamtlehrerschaft des Bezirks Hammelburg, Arnstein u. Karlstadt war Dienstpflicht Auch die Geistlichkeit war eingeladen.

 

1927 25. März

Mariä Verkündigung, das katholische Fest des heutigen Tages, war sehr geeignet einen würdigen Rahmen zu bilden für das Erstlingsopfer des Hochwürdigen Primizianten Johannes Schilling. Die Mittel- u. Oberklassen begleiteten ihn vom Elternhause zur Kirche, wo die hl. Feier harmonisch verlief und auf viele einen tiefen Eindruck machte.


 

Schuljahr 1927/28

 

1927 28. April

1. Schultag!

Klasseneinteilung mit Lehrpersonal:

1. Jhrg. mit            49 Mädchen

                                        M. Ottilie Huber, seit 1. V.1922

2. u. 3. Jhrg. mit    45 Mädchen

                                         M. Immakulata Finzel,28.VIII.192

4.5.6. Jhrg. mit      60 Mädchen

M. Demetria Riedlechner, 10.XI.1897

7. u. 8. Jhrg. mit    56 Mädchen

                                         M. Emanuela Wagner, 28.IV.1927

Der Handarbeitsunterricht an der II., III. u. IV. Schule wurde von der Regierung der Lehrerin an der IV. Schule übertragen, die ihn wegen ihrer geringen Stundenzahl unentgeltlich zu übernehmen hat, während Frau Oberin M. Fides Wenig als Handarbeitslehrerin für die I. Schule mit 6 Wochenstunden eine jährliche Vergütung von 360 M erhält.

Das neue Schuljahr brachte auch für die Mädchenfortb.-Schule eine wesentliche Veränderung. Durch Einführung des obligatorischen 8. Schuljahres kommt die 1. Klasse dieser Schulgattung in Wegfall. Die 2. Klasse führt Frau Demetria weiter, die 3. Klasse Frau Immakulata. Der bisher an 2 Sonntagsstunden erteilte Unterricht wird nunmehr auf einen Wochentag verlegt. Die Neueinrichtung wurde von Lehrerinnen und Schülerinnen freudigst begrüßt, da ihnen nun auch  die wohlverdiente Sonntagsruhe zukommt.

 

1927 Mai u. Juni

Die neuen Schulbücher müssen eingeführt werden, was bei der Armut der hiesigen Bevölkerung sehr schwer hält, hat doch der Frost einiger Mainächte auch die diesjährige Weinernte vollständig vernichtet.

[Wie bedrohlich die Situation für den Hammelburger Weinbau damals war, kann man aus folgender Passage in der „ Hammelburger Auslese zum Jubiläumsjahr 1977“ auf  S. 107 entnehmen: “Infolge von Spätfrösten wurden in diesem Jahr keine Trauben geerntet. Im Jahr 1925 überlegte man sich, was angesichts der trostlosen Lage aus den Weinbergen des Saaletals werden sollte. Es wurde empfohlen, die Weinberge mit fränkischer Luzerne anzupflanzen. Zu dieser Zeit war der Weinbau  in Hammelburg besonders stark vom Untergang bedroht. 1927 wurde die Ernte erneut durch Spätfröste vernichtet.“ Die Saaletalwinzer beschlossen in einer Großveranstaltung allerdings, „der Weinbau solle unter allen Umständen erhalten bleiben“.]

 

1927 18. Mai

Herr Studienrat Eichler aus Würzburg hielt heute in der Vereinsturnhalle für den Bezirk Hammelburg einen 3 ½ stündigen tiefgründigen, äußerst praktischen Einführungsvortrag für den Schulgesang nach der Eitz’schen Tonwortmethode. Sämtliche Lehrerinnen und Lehrer unserer Schule unterrichten von nun an nach dieser Methode.

[Carl Andreas Eitz (* 25. Juni 1848 in Wehrstedt bei Halberstadt; † 18. April 1924 in Eisleben) war ein deutscher Akustiker und Musikpädagoge. Er war Volksschullehrer in Eisleben, der Geburts- und Sterbestadt Luthers.]

 

1927 9. Juni

Der heutige Vormittag brachte Herrn Bezirksschulrat Schunk aus Karlstadt zur Visitation in die III. Mädchenschule, während die I. Schule den Herrn am Nachmittag zum gleichen Zweck begrüßte.

 

1927 10. Juni

1. Kochtag des 8. Schuljahres in der von Herrn Oberregierungsrat Oßwald zur Verfügung gestellten Küche im Amtsgebäude. Der Stadtrat hat die Mittel zur Instandsetzung und Führung der Küche bereitgestellt.

[Welches Amtsgebäude?]

 

1927 18. Juli

Beginn der Sommerferien.

Während derselben wurden die III. Schule und der obere Gang getüncht.

 

1927 29. August

Wiederaufnahme des Unterrichtes.

Kartoffel- und

1927 29. Sept.

                       Weinleseferien

[Wieso Weinleseferien? Die Ernte war doch vernichtet! Demnach waren anscheinend doch noch Trauben vorhanden. ]

 

1927 9. Sept.

In der Turnhalle wurde einem Hammelburger Sohn zu Ehren

            – Frobenius, geb. 1460, + zu Basel 1527 –

eine schlichte doch würdige Gedenkfeier veranstaltet. Sie erfreute sich zahlreichen Besuches aus allen Kreisen.

[Die Turnhalle war die spätere Huberts Schreinerei an der Bahnlinie rechts der Bahnhofstraße.]

In diesem Jahre fanden keine Schulprüfungen statt.

 

1928 März

Der neben der Kirche gelegne Garten wurde von der Stadt der 8. Mädchenklasse zur Verfügung gestellt und wird zur Zeit vom nächstjährigen 8. Jhrg. mit großem Fleiße instandgesetzt.

Schulbesuch durch Herrn Schulrat Schunk in der 4.5. u. 6. Klasse.

          Do in der 1. Klasse.

[do = dito, ebenso]

 

1928 30. März

In der Vereinsturnhalle zeigten die beiden 8. Klassen in einer gutbesuchten Schulschlußfeier, was sie an Herz- und Gemüterhebendem im 8. Schuljahr lernten.

Die einfachen, abwechslungsreichen Darbietungen in Gesang, Schülervortrag, Deklamation und Musik befriedigte allgemein. „Es war ein schweres Jahr, doch es war gut.“ (Aus der freien Schülerrede.)
[Die Vereinsturnhalle war in der damaligen Raiffeisenbank in der Bahnhofstraße untergebracht.]


 

Schuljahr 1928/29

 

Klasseneinteilung:

8. Klasse: M. Emanuela.            31 Mädchen

7.6.5.“   : M. Demetria.            49 “

4.3.    “   : M. Immakulata.        47 “

2.       “   : M. Ottilie.                 46 “

1.       “   : Kombiniert (im Knabenschulhaus.)

9.       “   : M. Immakulata.        23  Mädchen

10.     “   : M. Demetria.            24 “

Handarbeit für die Unterstufe M. Felizia

Die Fortbildungsklasse erhält hauswirtschaftlichen Unterricht in der Schulküche (jedesmaliger Beitrag 20 M, da die Stadt nichts genehmigte) Unterricht in Deutsch, Rechnen, Bürgerkunde, Berufskunde und Handarbeit.

 

1928 21. Mai

Bezirkskonferenz im „Hirschen“, dabei auch Vortrag von Herrn Studienrat Dr. Helferich, Schweinfurt über „Buchführung in der Fortbildungsschule“.

 

1928 2. mit 6. Juli

Da die neue Lehrordnung auch für die Landschule den Zeichenunterricht vorsieht, die Lehrkräfte dafür aber vielfach nicht vorgebildet sind, fand in 15 Nachmittagsstunden für die Lehrer u. Lehrerinnen des Bezirkes ein Zeichenlehrgang statt, besucht von 48 Teilnehmern, geleitet von Schulrat Dunkel, Lehrer Barthelmes u. Lehrerin M. Emanuela Wagner, O.S.F.

 

1928 16. Juli

Beginn der Sommerferien

 

1928 Juni

Ernennung der Hauptlehrerin M. Demetria zur Oberlehrerin u. der Lehrerin M. Ottilie zur Hauptlehrerin (ohne Gehaltsaufbesserung.)

 

1929 11. Febr.

Prüfungen im Schulsaal der 8. Mädchenklasse:

Vorm. 8 ¼h – ¾ 11 h Entlassungsprüfung

Nachm. 1 h – ½ 5 h Schlußprüfung

Knaben und Mädchen wurden gemeinsam geprüft. Sämtliche Schüler bestanden die Prüfung. Ein Schüler, Georg Schmidt, Sohn des Uhrmachermeisters Joh. Sch. hatte über die Schulpflicht hinaus die Fortb.-Schule 1 Jahr lang freiwillig  besucht u. beteiligte sich auch freiwillig an der Prüfung.

 

1929 16. Febr.

Wegen der andauernden ungewöhnlich strengen Winterkälte (früh bis -30° C) wurde ab heute der vormittägige Unterricht statt 8 – 11 h von ½ 9 – ½ 12 h gehalten.

 

1929 16. Febr.

Schulbeginn um 8h.

 

1929 21. März.

Schulschlußfeier der Knaben und Mädchen im Lehrsaal der 8. Mädchenklasse. Zeugnisverteilung durch Herrn Bürgermeister Michelbach.

Die Versäumnisse im 8. Schuljahr waren weniger als die Hälfte des Vorjahres. Wegen der strengen Kälte mußte in den Monaten Jan, u. Febr. der Schulküchenunterricht ausfallen. Ersatz: Handarbeiten.

 

Schuljahr 1929/30

 

Lehrpersonal wie im Vorjahr

Klassenverteilung:

1. u. 2. Jhrg.           = 67 Mädchen in der „großen“ Schule (Saal der I. Schule

          Frau Ottilie.

3. Jhrg.                  = 47 Mädchen + 10 Knaben

Frau Immakulata.

4., 5. u. 6. Jhrg.      = 65 Mädchen

Frau Demetria.

7. u. 8. Jhrg.           = 28 Mädchen

Frau Emanuela.

 

1929 5. Juni

Der Turm unserer Pfarrkirche erhielt einen neuen „Wettergockel“.  Der Einsetzung in „Amt und Würde“ wohnte heute die gesamte anwesende Schuljugend bei.

Viele waren im Film „Amerika, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.“

Nachmittags: Amtliche Konferenz im „Hirschen“.

 

1929 9. Juni

Schulbesuch durch Herrn Bezirksschulrat im 3. Jhrg.

 

1929    Okt.

Gemäß Reg.Entschl. wird den Mädchen des 9. u. 10. Jhrg. (in je 40 Jhr.-Std. pro Schülerin) Küchenunterricht erteilt.

 

1930 6. Febr.

Schluß- u. Entlassungsprüfungen:

8 ¼ –  10 h   Knaben (Entl.-Prüfung)

10 ¼ – 11 ¾ Mädchen (“               )

1 – 3 ½         Knaben u. Mädchen (Schlußprüfung)

 

1930 6. März

Wirkungsvolle Schulschlußfeier in der überfüllten Turnhalle. Beteiligung aller zur Entlassung kommenden Schülerinnen u. Schüler.

 

1930 10. März

Schulschluß!

 

[Die letzte halbe Seite fällt völlig aus dem Rahmen. Die Schrift ist klein, wegen des fehlenden Platzes zwischen die Zeilen gedrängt, und bei weitem nicht so exakt wie auf den vorhergehenden Seiten. Ganz offensichtlich ist, dass hier ein anderer Verfasser am Werk war.]

 

1930/31

Klasseneinteilung:

1. Kl. Knab. u. Mädch. gemischt

2. “    “         “   “           “

3. “    “         “   “           “

4. “    Mädchen allein

5.u.6. “

7.u.8. “

 

1930 1. Sept.

Lehrerinnenwechsel:

Frau Ottilie nach Pfersee an ihre Stelle Fr. Clementine

 

1931/32

Klasseneinteilung: die Mädchenkl. den Lehrerinnen

                              1. u. 2., 3. u. 4., 5 u. 6., 7. u. 8. Kl.

 

1931 1. April

An Stelle von Fr. Immakulata übernahm Fr. Clementine die Fortbildungsschule

 

1931 1. Sept.

Die Lehrerin der 8. Kl. M. Emanuela wurde nach Immenstadt versetzt an ihre Stelle kam M. Columba nach ihrem Staatsexamen.

 

1931    Okt.

Besuch den H. Regierungsprä. Günder in Hammelburg. Bei dieser Gelegenheit Besuch d. Exz. In der Schulküche 8. Kl.

 

1931    Juli

Die III. Mädchenkl. erhielt einen neuen Schulboden.

 

1931    Okt.

Wurde das neue Diözesangesangbuch eingeführt.

 

1931    Okt.

In den Weihnachtsferien wurden 11 neue Bänke (3Sitzer) geliefert /Schreinerei Höfling und Vierheilig.

Die alten Bänke wurden, nachdem sie 75 Jhr. ihrem Zweck gedient, versteigert à Stck. 1,50 M u. fanden viele Kauflustige.

[Die damalige Schreinerei Höfling befand sich in der von-Heß-Straße/Ecke Kirchgasse. Der Sohn des Schreiners war der bedeutende, sehr produktive Hammelburger Maler Robert Höfling, der in der Werkstatt später sein Atelier eingerichtet hat.

Schreinerei Vierheilig: Andreas Rauschmann heiratete Hedwig Vierheilig, die Tochter des Besitzers, und führte den Betrieb unter seinem Namen weiter. Die Werkstatt befand sich in der Friedhofstraße, wo heute Müller ist.]

 

1931 1. Aug.

Wurde die Wohnung des H. Oberlehrer Simon frei u. wartet auf anderweitige Verwendung.

*****

Einleitung

1958 wurde auf dem „Katzenrasen“ ein neues Volksschulgebäude eingeweiht. Es beherbergt heute die Grundschule am Mönchsturm. Ihr gegenüber wurde 1970 die Hauptschule gebaut. Vorher befand sich die Volksschule Hammelburg allerdings in der Kirchgasse in dem Gebäude, in dem heute u. a. das JUZ und die Kleiderkammer untergebracht sind, allgemein noch als die „Alte Volksschule“ bekannt. Nach dem Stadtbrand von 1854 vor 1860 errichtet, bekamen Generationen von jungen Hammelburgern hier ihre Schulbildung. Eine Einteilung in Grund- und Hauptschule gab es damals noch nicht. Nach1957 hatte die „Alte Volksschule“ aber noch nicht ausgedient. Bis 1965 waren in ihr Teile des Gymnasiums untergebracht, anschließend wieder aus Raumnot Volksschulklassen.

Die Schulpflicht, 1802 staatlich angeordnet, betrug zunächst sechs Jahre, später sieben und erst im 20. Jahrhundert acht Jahre. Zu erwähnen ist noch, dass die Kinder der heutigen Hammelburger Stadtteile nicht hier zum Unterricht gingen. Diese Orte waren damals selbständige Gemeinden mit eigenen Schulen und Lehrern. Feuerthal beispielsweise besaß eine einklassige Schule, d. h. alle acht Schülerjahrgänge saßen in einer Klasse, also einem einzigen Schulzimmer. Der Unterricht erforderte somit vom Lehrer großes organisatorisches Geschick.

Als ich – ein ehemaliger Lehrer der Hauptschule Hammelburg – die Geschichte unserer Volksschule erforschen wollte, musste ich feststellen, dass die frühere Schulchronik nicht mehr vorhanden war. Glücklicherweise entdeckte ich mit Hilfe unserer Sekretärin, Frau Elisabeth Siegel, die im Folgenden behandelten „Bekanntmachungen“. Solche Aufzeichnungen enthalten wertvolle Informationen und erlauben zahlreiche Rückschlüsse auf die Schule und das Schulleben jener Zeit. Es sind Mitteilungen oder Anweisungen, Belehrungen, Vorschriften für Lehrkräfte. An der Volksschule Hammelburg wurden alle Bekanntmachungen zwischen 1934 und 1945, aber auch später, handschriftlich in zwei noch vorhandene Bücher eingetragen, deren Seiten lückenlos durchnummeriert sind. Somit sind alle diese Verlautbarungen erhalten.

Das 1. Buch (19.6.1934 – 14.9.1938) umfasst 144, das 2. Buch 290 Seiten. Im 2. Buch sind die Einträge vom 19.9.1938 bis zum 9.12.1945 auf den Seiten 1 – 155 verfasst. Es folgen zwar noch die Seiten 156 – 162, die aber hauptsächlich statis tische Angaben bis zum Schuljahr 1952/53 enthalten. Die restlichen Seiten sind nicht beschrieben. 9 lose Blätter, die sich in den Bekanntmachungen befunden haben, geben zusätzliche Hinweise. Sie wurden offensichtlich aus der damals bestehenden Schulchronik gerissen, die verschwunden ist. Fast alle Einträge sind in deutscher Schrift („Sütterlin“) verfasst. Da viele Jüngere jedoch heute kaum mehr in der Lage sind, diese Schrift zu entziffern, habe ich wesentliche Teile der Einträge zu transkribiert.

Eine lückenlose Übertragung hatte ich allerdings nicht vor. Man könnte zwar zusätzlich auch erfahren, wann hitzefrei war, dass es zur Zeit der Heuernte für Bauernkinder ½ Tag schulfrei gab, dass das Tummeln auf dem Marktplatz nicht erlaubt war oder dass während der Wässerung der Saalewiesen das Baden verboten war usw. Aber das war nicht das Anliegen. Vielmehr ging es um jene für diese Zeit typische Anordnungen, die den Geist der NS-Zeit widerspiegeln.

Sämtliche Zitate aus diesen genannten Schriften wurden mit „Anführungszeichen“ und in Kursivschrift Fett wiedergegeben. Die Fundstellen sind so gekennzeichnet: I bedeutet 1. Buch, II zweites Buch, lB lose Blätter. Wenn also hinter einer Zitatstelle (II, 84) steht, bedeutet dies: 2. Buch, Seite 84. Dass Schreibfehler nicht korrigiert wurden und dass die damals herrschende Orthographie nicht verändert wurde, ist dabei selbstverständlich.

Um Übersicht in die Darstellungen zu bringen, sind die verschiedenen Zitate jeweils zu Themen zusammengefasst. Die erklärenden und kommentierenden Worte dazwischen sollen die Situationen in dieser Zeit aufhellen.

Hammelburg, im Januar  2012  

                                                                         Günther Albrecht


 Die Bekanntmachungen

Beide Bekanntmachungsbücher besitzen als Buchdeckel starke Pappe, mit schwarzem Papier überzogen, und haben einen marmorierten Schnitt. Der Rücken und die Ecken sind mit Moleskin verstärkt. Sie sind noch gut erhalten.

1. Lehrer

1.1 Die Schulleitung

 Es war Aufgabe des Schulleiters, dieses Bekanntmachungsbuch zu führen. Irgendeine Einleitung fehlt. Lapidar steht auf der Seite 1:
Bekanntmachungen, Schuljahr 1934/35 begonnen am 19.6.34“ (I, 1)

 1.1.1 Hauptlehrer Ludwig Müller

Der erste Eintrag wurde von ihm am 19.6.1934 vorgenommen. Wie aus den losen Blättern hervorgeht, war er nicht Schulleiter; vielmehr verwaltete er die Geschäfte des Schulleiters mehrere Jahre (lB 29.4.38). Der Wortlaut dieser ersten Bekanntmachung lässt den Einfluss der Nationalsozialisten auf die Schule schon eineinhalb Jahre nach der „Machtergreifung“ sehr deutlich spüren:

 „An sämtliche Lehrpersonen, einschließlich der Herren Rel.Lehrer zur Kenntnis und Unterschrift: Lehrer, einschl. d. Rel.Lehr. und Schüler (Schülerinnen) erweisen einander innerhalb und außerhalb der Schule den deutschen Gruß (Hitler Gruß.) Der Lehrer tritt zu Beginn des Unterrichts vor die stehende Klasse u. grüßt als Erster, indem er den rechten Arm erhebt u. dabei die Wort „Heil Hitler“ spricht. Die Klasse erwiedert (sic!) den Gruß in d. gl. Weise. Am Schlusse der Unterrichts wiederholt der Lehrer den deutschen Gruß vor der stehenden Klasse. Diese antwortet in gl. Weise. Sonst grüßen die Schüler u. Schülerinnen die Lehrer nur durch Erheben des rechten Armes in angemessener Haltung. Wo bisher der Kath. Rel.unterricht mit dem Wechselspruch „Gelobt …“ “In Ewigk…“ begonnen u. beendet wurde, ist der deutsche Gruß zu Beginn der Stunde vor, am Ende nach dem Wechselspruch zu erweisen.

Vorstehende ministerielle Bekanntmachung, die auf Anordnung der Bay. Schulbhörde Nr.3217 andurch erfolgt, habe ich zur Kenntnis genommen:

(Unterschriften)                                     Müller“


Diese Anweisung war sehr detailliert verfasst und ließ keine Unklarheiten aufkommen. Offensichtlich aber wurde diese detaillierte Verfügung in Hammelburg nicht so ganz genau genommen. Am 4. Oktober 1935 steht nämlich zu lesen:

„Es besteht Veranlassung

1. auf die Seite 1 dieses Buches und

2. darauf hinzuweisen, daß sämtliche Lehrpersonen, einschließlich der Religionslehrer beider Konfessionen sich in u. außer der Schule von den Schülern mit dem deutschen Gruß haben grüßen zu lassen.

Darüber sind sofort sämtliche Schüler zu belehren, besonders aber die Kinder aus dem Waisenhaus. Laxheit in dieser Hinsicht vonseiten der Lehrer u. Lehrerinnen könnte sonst als „Mißachtung des deutschen Grußes ausgelegt werden.     Müller

Hammelburg 4. Okt. 35
Kenntnis genommen und die Kinder darüber belehrt
(Unterschriften“)  (I, 64)

Daraus folgt, dass die Missachtung des deutschen Grußes ein schwerwiegendes Vergehen war. Interessant ist der gezielte Hinweis auf das Waisenhaus. Dieses wurde nämlich von Ordenschwestern geleitet, Franziskanerinnen, die dem herrschenden Regime ablehnend gegenüberstanden, was dem Schulleiter nicht verborgen bleiben konnte, und die ihre Waisenkinder kaum zum „Hitler-Gruß“ anhielten. Aus diesen und weiteren Formulierungen des Schulleiters lässt sich leicht erkennen, dass er nicht nur amtliche Verordnungen in Erinnerung brachte, vielmehr ist auch seine eigene staatstreue Gesinnung zu erkennen.

„Kolleginnen und Kollegen! Eine Verfügung des Volksbildungsministers in Thüringen Pg Wächtler, früher thüringischer Volksschullehrer, in der er die Lehrer verpflichtete, für den Eintritt der gesamten Schuljugend in die Staatsjugend nachdrücklich einzutreten, kann auch für uns Vorbild sein.

Die Schulleitung bittet deshalb sämtliche Kolleginnen und Kollegen alles zu tun, um die letzten noch abseits stehenden Knaben und Mädchen für die Staatsjugend zu gewinnen. In besonders schwierigen Fällen wird persönliche Verbindung mit den betr. Eltern empfohlen.

         „Unser Ziel ist 100 % baldigst Partei und Staat melden zu können.“ [Anm. rot unterstrichen]

                                                                                        Heil Hitler“ (I, 63)


Neunmal enden Müllers Schreiben mit dem „deutschen Gruß“, einmal formuliert er „im Sinne … unseres großen Erziehers Adolf Hitler“ – Adolf Hitler als großer Erzieher! Wenige Jahre später erinnerte man sich nur mit Grauen an seine Taten. – Jedenfalls erscheint der damalige Schulleiter Müller als ein Mann, der nationalsozialistische Gedanken in der Schule nicht behinderte, ja sogar eifrig gefördert hat. Noch lebende Zeitzeugen bestätigen diese Vermutung.


Wie Herr Anton Ruppert Herrn Lehrer Karl-Heinz Maul berichtete, wurde auf ihn vom Schulleiter starker Druck ausgeübt, da er zu den sonntäglichen Diensten der Staatsjugend nicht erschienen war. Diese waren perfiderweise genau während der Gottesdienstzeiten angesetzt. Da besuchte Ruppert aber mit seiner Familie den Sonntagsgottesdienst. Diesen Einsätzen der Staatsjugend konnte er wie viele seiner Altersgenossen schließlich dadurch entweichen, dass er alternativ zur Feuerwehr-HJ ging. Dort war die starke ideologische Indoktrination nicht anzutreffen. Dienst war hier erst nach dem Sonntagsgottesdienst.


1.1.2 Schulleiter Rektor Philipp Feser


Am 29.4.1938 steht in den erwähnten losen Blättern:


Wechsel in der Schulleitung

Durch Regierungsentschließung von 25.4.38 wurde der Lehrer Phl. Feser zum Leiter der Volksschule in Hammelburg ernannt, als Stellvertreter Lehrer R. Kamm. Die Einführung des neuen Schulleiters nahm unter Anwesenheit sämtlicher Lehrkräfte, der Schulgemeinde, des Ortsgruppenleiters der NSDAP des Vertreters des Bürgermeisters und der HJ-Führer Herr Bezirksschulrat Keßler im Lehrerratszimmer der hiesigen Volksschule am 4. Mai vor.

Bezirksschulrat Keßler führte den neuen Schulleiter Lehrer Feser in sein Aufgabengebiet ein, dankte Hauptlehrer Müller, der bisher die Geschäfte des Schulleiters verwaltet hat, für seine ersprießliche und uneigennützige Arbeit und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der neuernannte Schulleiter in kameradschaftlicher Zusammenarbeit mit den Lehrkräften der hiesigen Volksschule seine ganze Kraft einsetzt zum Wohle der Schule und der deutschen Jugend.“ (lB)

Anton Ruppert bemerkte dazu: „Herr Feser erschien meist in Uniform in der Schule.“ Es wäre gewiss interessant zu erfahren, weshalb Müller nicht einmal Stellvertreter des Schulleiters wurde, dieser brave Parteisoldat. Altersgründe könnten vielleicht den Ausschlag dafür gegeben haben. Sein Nachfolger war aber nicht weniger linientreu. Es ist von dem ehemaligen Schüler Oskar Böhm, Pfaffenhausen, bezeugt worden, dass Feser ein scharfer Pg (= Parteigenosse) war, der vor heftigen Schlägen bei Schülern nicht zurückschreckte, wenn er nicht mit „Heil Hitler“ im Schulhaus gegrüßt wurde. Eigenartigerweise taucht aber in seinen Bekanntmachungen niemals mehr die Erinnerung an den „deutschen Gruß“ auf.


Dass er bei seiner Partei als außerordentlich tüchtiger Parteigenosse sehr geschätzt war, ist aus der hohen Auszeichnung zu ersehen, die in den losen Blättern am 1.9.1942 verzeichnet ist:


„H. Rektor Feser Philipp wurde mit dem Kriegsverdienstkreuz 2 Kl. ohne Schwerter auf Vorschlag der NSDAP Brückenau-Hammelburg ausgezeichnet.“ (lB)

Feser schrieb seine letzte Eintragung am 1. April 1942, in der er die Osterferien ankündigte. Aus den Ferien kehrte er nie mehr an die Schule zurück. Vermutlich musste er irgendeinen militärischen Dienst an der Front antreten. Forstmeister Hermann Bock teilte kürzlich mit, dass Feser als vermisst gemeldet wurde.


1.1.3 Stellvertretender Schulleiter Julius Seufert


Da sich auch der Stellvertreter des Schulleiters, R. Kamm, nicht mehr an der Schule befindet, werden ab dem 17.4.1942 die Schulleitergeschäfte in Vertretung von Julius Seufert geführt. Seine Einträge sind im Gegensatz zu Müller in bestechender kalligraphischer Form sowohl in deutscher als auch in lateinischer Schrift verfasst.

Seufert hatte sich 1936 große Verdienste um die Heimatgeschichte durch die Sicherung eines Grabfundes am Hammelberg aus der Merowingerzeit gemacht. Damit hätte er bei den Nationalsozialisten, die auf die germanische Geschichte so stolz waren, große Meriten erwerben können. Aber ohne Parteizugehörigkeit war im 3. Reich keine Ehre einzulegen bzw. eine Beförderung nicht möglich. Bemerkenswert ist, dass er – im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen – nach dem Krieg gleich wieder den Dienst antreten durfte, sobald der Unterricht im Oktober 1945 an der Volksschule Hammelburg aufgenommen wurde. Politisch war er eben nicht belastet.

Dass er auch vorsichtig wider den Stachel löckte, berichtet sein ehemaliger Schüler und späterer Stadtrat Oskar Böhm aus Pfaffenhausen: „Herr Lehrer Seufert hat gern mit uns so ein unpolitisches Lied wie ‚Und die Morgenfrühe, das ist unsere Zeit …’ gesungen. Dazu bemerkte er: ‚Die da oben wollen es wohl nicht gern hören. Aber es ist doch ein schönes Lied’.“


Er führte die Schule in den schwierigen Tagen der Kriegszeit und setzte sich in den Nachkriegstagen unter persönlichem Einsatz für den Erhalt des Schulgebäudes ein. Ganz plötzlich verstarb er Ende 1945. Sein Nachfolger Held hat das Wirken Seuferts in einem beeindruckenden Nachruf gewürdigt.


Ein Trauerfall. Am 9. Dezember 1945 verstarb

  Hauptlehrer Julius Seufert, 

z. Zt. Lehrer der 3. Knabenklasse and der hiesigen Volksschule. Bis ihn starke Ohrenschmerzen zwangen zu Bett zu gehen, hielt er treu im Dienste aus. Sein Dienst endigte nie mit Schluß der Unterrichtszeit, ihn konnte man noch in den Abendstunden im Schulhause finden, zumal als Schulleiter während des Krieges. In der schlimmen Zeit von Ende März bis zur Wiederaufnahme des Unterrichts im November 1945 war er der unermüdliche, selbstlose Hüter des Schulhauses und seiner Einrichtung. Konnte er auch nicht allen Schaden verhüten, so ist es doch ihm allein zu verdanken, dass nur ein Teil der Schulbänke, Tafeln, Pulte, Zimmertüren und Stühle von den Besatzungen des Hauses verfeuert worden ist, und somit überhaupt die Wiederaufnahme des Schulbetriebes möglich war. Er holte aus Hundsfeld fuhrenweise trockenes Holz heran, um an Stelle von Schulbänken etc. Brennmaterial zur Verfügung zu stellen, er deckte in Hundsfeld Ziegeln ab und deckte allein das schwer beschädigte Dach des Schulgebäudes um. Bis zuletzt half er, wo nur immer möglich, die glaslosen Fenster notdürftig zu verschließen, und wahrscheinlich ist, dass bei all den wochenlangen Arbeiten im zugigen Schulhause sein bisher harmloses Ohrenleiden bösartig wurde und nach kurzem Kranksein zum raschen Tode führte.

Seufert war 53 Jahre alt; an der hiesigen Schule wirkte er 26 Jahre lang. Sein Leben war ein sorgenreiches. Ihm als einem der treuesten und fleißigsten Kameraden bewahren alle, die ihn kannten, ein warmes Gedenken und wünschen ihm den ewigen Frieden. R. I. P.“


Übrigens konnte Seufert nur deshalb das genannte Material holen, weil das abgesiedelte Dorf Hundsfeld im Truppenübungsplatz lag und nach dem Krieg vom Landkreis zur Enttrümmerung freigegeben worden war. Windheim und Hammelburg sollten damit ihre Kriegsschäden beseitigen.

Der Lehrer Karl-Heinz Maul, der sich intensiv mit der Zeit des 3. Reiches in Hammelburg beschäftigt, bemerkt dazu:


„Herr Seufert war auch bei jüdischen Schülern anerkannt. Er enthielt sich jeglicher diskriminierender Äußerung. Arnold Samuels besuchte jedes Mal bei seinen Hammelburgaufenthalten das Grab seines ehemaligen Lehrers.“ [Der ehemalige Hammelburger Samuels, ein jüdischer Mitbürger, lebt heute in den USA.]


1.2 Lehrkräfte

1.2.1 Überblick

Eine Aufstellung der an der Volksschule unterrichtenden Lehrkräfte ist nicht mehr vorhanden. Da die Bekanntmachungen jedoch gegengezeichnet werden mussten, so lassen sich dennoch durch Unterschriften die meisten Lehrkräfte nachweisen. Sobald eine Unterschrift fehlt, muss eine Versetzung angenommen werden. Dies gilt mit gewissen Einschränkungen. Nicht immer wurden die Bekanntmachungen von jedem Lehrer unterschrieben, und nicht jede Unterschrift ist leserlich.


am            anwesende Lehrkräfte                 nicht mehr anwesende Lehrkr.


19.06.34    Müller, Barthelmes, Seufert,

                Dorn

                Schwestern (OSF): Reginfrieda,

                Clementine, Demetria, Columba

21.06.34    Erika Angelmeier

                (Schuldienstanwärterin)

26.06.34    Haas                                                   Dorn

21.09.34    Feser

15.05.35    Laurentine (OSF)                                Reginfrieda( OSF)

14.06.35    Ildefonsa (OSF)                                 Laurentine (OSF)

09.01.36    R. Kamm                                            Haas

28.04.36    Dr. Hopfenmüller                                Barthelmes

30.04.36                                                              Dr. Hopfenmüller

                                                                           (zum Dienst bei der SS

                                                                            in Würzburg beurlaubt)

21.10.36    Ullrich (im Krieg gefallen)

27.01.36    M. Nikoletta Panzer (OSF)                  M. Columba (OSF)

 

15.04.37    Hartmann                                          M. Nikoletta (OSF)

                Kollmayr                                              M. Demetria (OSF)

                Heid                                                    M. Clementine(OSF)

                                                                           M. Ildefonsa (OSF)

19.04.37    Weber

10.05.37    Imhof

21.12.37    Söder

22.02.38    Welzbacher, Kpl.

01.10.39    Steinbauer, Vikar

23.10.39    Walter, Kpl.                                         Müller

03.11.39    Mracek

12.04.40    Lebert, Kpl

11.07.40    Hubert, Kpl

03.03.41    Velten (geb. Mracek)

19.04.       41     Kamm                                        Velten

05.05.41    Oßwald

15.07.41    Bärmann, Kpl.

17.04.42    Kapp                                                 Feser

10.09.42    Manjoks, Fanski? (unleserlich)

29.09.42    Schneider

19.04.43    Merkle

29.05.43                                                           Fanski

03.09.43    Scheier,

Amanda Iff, später verh. Pöschel,

Lin in Langendorf

24.07.44    Theresia Rüsing

??.10.44    Hildeg. Precht

25.01.45    H. Rüsing

02.02.45    Gößendörfer?, Kpl.

14.10.45    Seufert                                          Heid

                Johanilla Orf                                    Merkle

M. Aquiline Endres                   H. Rüsing

                Held                                                Theresia Rüsing

                Romanowski                             

                Weber


SChulheft von anneliese Lang aus dem Schuljahr 1936/37, 8.Klasse (Archiv Hack)1.2.2 Veränderungen im Lehrkörper 

Das Schuljahr 1937/38 brachte überall in Bayern eine große Veränderung im Lehrpersonal mit sich. Ab dem 15.4.1937 fehlen sämtliche Unterschriften der vier Ordensschwestern, die Volksschullehrerinnen waren. Unter welchem Vorwand sie die Schule verlassen mussten, ist nicht bekannt. Hingegen wurde bis zu Kriegsende der katholische Religionsunterricht weiter durch den Pfarrer Martin bzw. seine Kapläne erteilt, der evangelische durch einen Vikar. Die Umwandlung in eine deutsche Gemeinschaftsschule erfolgte jedoch erst 1938. Dazu ist auf den erwähnten 9 losen Blättern Folgendes am 26. April 1938 überliefert:


„Schuljahr 1938/39.

Schuljahrsanfang:

Das Schuljahr begann am 26. April 1938 …

Nach Einweisen der Klassen und Flaggenhissung im Schulhof begann der planmäßige Unterricht.

In Durchführung der Entschließung des Bürgermeisters der Stadt Hammelburg wurde mit Beginn des Schuljahres die

 

Gemeinschaftsschule

                                     in Hammelburg eingeführt.


Wortlaut der Entschließung

         „Einführung der deutschen Gemeinschaftsschule

                             Meinungsäußerung:

Zu Beginn der Beratung gab Bürgermeister Clement bekannt, dass bereits ein Antrag einer Anzahl evangelischer Eltern für die Umwandlung der kath. Bekenntnisschule in eine deutsche Gemeinschaftsschule vorliege. Gleichzeitig verwies er auf die Ausführungen des Rechtsberaters Dr. Umbau Würzburg in der öffentlichen Kundgebung am 11.12.1937 im überfüllten Schnabelsaal, denen die zahlreich erschienenen Erziehungsberechtigten und Eltern restlos zustimmten. I. Beigeordneter Kessler und II. Beigeordneter Köberl unterstrichen diese Ausführungen und bemerkten, dass die Einführung der Gemeinschaftsschule heute unbedingt notwendig sei.

                             Entschließung des Bürgermeisters

 Auf Grund der öffentlichen Kundgebung am 11.12.37 und auch um der einheitlichen Willensstimmung des Gaues Mainfranken in der Stadt Hammelburg sichtbaren Ausdruck zu verleihen, wird der Antrag gestellt, die kath. Bekenntnisschule in eine deutsche Gemeinschaftsschule umzuwandeln.

Auf Aufforderung des Bürgermeisters äußerten sich die Ratherren zustimmend. Abweichende Meinungen wurden nicht geäußert.

                   Lt. U.

gez. Clement      gez. Bischof      gez. Zahner

 

Es ist schon eigenartig, dass ausgerechnet auch dieser Eintrag aus der Chronik entfernt und in den  „Bekanntmachungen“ versteckt wurde. So recht war den Hammelburgern die Umwandlung von der Bekenntnisschule in die deutsche Gemeinschaftsschule wohl nicht, wie der Chronist glauben machen will.

 


Aus dem Arbeitsheft von Anneliese Lang 1934 (Archiv Hack) 2. Politische Veranstaltungen 

Es entsprach dem Selbstverständnis des 3. Reiches, dass das öffentliche Leben vom nationalsozialistischen Gedankengut geprägt war. Selbstredend mussten die Schüler als die künftigen potentiellen Parteigenossen recht bald mit diesem Gedankengut vertraut gemacht werden, von dem eines seiner Schlagworte lautete “Ein Volk, ein Reich, ein Führer“. Und so ist es erklärlich, dass viele schulische Anordnungen politischen Charakter hatten.


2.1 Moderne Medien

Es ist geradezu ein Kennzeichen nationalsozialistischer Propaganda, die modernsten technischen Mittel ihrer Zeit eingesetzt zu haben. Vor allem mit den neuen Massenmedien trug sie ihre Gedanken in die hintersten Winkel des Deutschen Reiches, angeführt von dem redegewandten „Reichsminister für Volks-aufklärung und Propaganda“ Dr. Joseph Goebbels.


2.1.1 Der Tonfilm


Der Tonfilm war eines der neuesten Medien seiner Zeit, und der deutsche Film genoss damals geradezu Weltruhm; erinnert sei nur an den „Blauen Engel“. Filme übten eine große Faszination auf die Bevölkerung aus, und der Gang ins Kino war eine beliebte Freizeitbeschäftigung. So ist es kein Wunder, wenn die  braunen Machthaber den Film zur Beeinflussung der Bevölkerung, aber auch schon der Schüler einsetzten. Zahlreich sind die Filme, die die Kinder als Pflichtfilme besuchen mussten. Der Eintritt betrug 15 bzw. 20 Pfennige, manchmal auch nur 10 Pfennige.

Gar so gering wie es heute klingt, können diese Beträge für mache Leute aber nicht gewesen sein. Wie sollte es sonst zu erklären sein, dass häufig 10 % Freiplätze für bedürftige Kinder zur Verfügung gestellt wurden? Trotz der großspurigen Worte von Hitler hatte sich nämlich das Einkommensniveau der einfachen Leute und der Arbeiter nicht erhöht. Es fällt zudem auch auf, dass selbst Pflichtfilme nicht kostenlos gezeigt wurden. Getreu dem Motto „Was nichts kostet, taugt nichts“ sollte so der Wert der gezeigte Filme gesteigert werden. Doch wer sich diesen Eintritt nicht leisten konnte, durfte auf diese Weise die Großmut des Staates erfahren und betrat kostenfrei das Kino. Angewiesen war der Staat ohnehin nicht auf die Eintrittsgelder.

Einen eigenen Filmapparat hatte die Schule freilich nicht. Um die Filme anzuschauen, mussten die Schüler in das Kinohaus Lang gegenüber von Café und Konditorei Claßen in der Weihertorstraße gehen. Im Rahmen des Unterrichts wurden folgende Filme im Kinohaus Lang besucht:

 

- „Flüchtlinge“ (Schicksal von Wolgadeutschen), 27.9.1934

- „Stoßtrupp 1917“, 15.3.1935

- „Ich für dich und du für mich“, kein Datum, wahrscheinlich Mai 1935

 

Dazu ist folgendes verzeichnet:

„Heute Nachmittag 2.30 wird im hiesigen Tonfilmtheater der Film vom deutschen Arbeitsdienst (Mädchenarbeitsdienst) „Ich für dich und du mir mich“ aufgeführt. Diese Vorstellung können die Schüler und Schülerinnen vom 4. Schuljahr Knaben u. Mädchen besuchen. Die Schulleitung empfiehlt sehr den Besuch. Wer nicht in den Film geht hat stundenplanmäßigen Unterricht. Die den Film besuchenden Schüler wären 215 zu entlassen. Der Eintrittspreis ist 20 Pfennig und von jedem Kind an der Kasse zu erledigen. (I, 41)

 

- „Triumph des Willens“, empfohlener Parteitagsfilm, 26.7.1935

- „Wolkenstürmer“ und „Tag der Freiheit“ im Bayer. Hof, 27.9.1937

- „Tannenberg“, 23.11.1937 

Gemeint war sicher die Schlacht bei Tannenberg im westlichen Masuren/Ostpreußen, in der Ende August 1914 die russische Narew-Armee von der deutschen 8. Armee unter Hindenburg vernichtet wurde. 

- „Männer machen Geschichte“, 2./3.6.1938

- „Mario“, 29.6.1938

„Mitteilung: Im Kinohaus Lang findet morgen nachm. 4 Uhr eine Jugendvorstellung zum Film „Mario“ statt. Der Film handelt vom Leben und Tod eines Jungfaschisten (ähnlich wie „Hitlerjunge Quex“). Ich bitte, den Schülern und Schülerinnen den Besuch dieses Filmes wärmstens zu empfehlen. Der Besuch des Filmes gilt für DJ JM als Staatsjugenddienst. Feser“ (II, 141) 

[DJ = Deutsches Jungvolk, JM = Jungmädel] 

- „Olympia, II. Teil“, 21.12.1938

- „Deutsches Land in Afrika“, 5./6.6.1939 

Deutschland hatte vor dem 1. Weltkrieg Kolonien in Afrika: Togo, Kamerun, Deutsch-Südwestafrika, Deutsch-Ostafrika; Sansibar hatte das deutsche Kaiserreich schon 1890 gegen Helgoland mit den Engländern ausgetauscht. 

Am 9. Mai 1939 fand ein Farblichtbildervortrag der Gaubildstelle der NSDAP vom letzten Reichsparteitag statt, für dessen Besuch geworben werden sollte. Auch dafür wurde ein Beitrag von 10 Pfennigen erhoben. Die Eintrittskarten musste der Klassenleiter beim Schulleiter holen.

Anton Ruppert besuchte keinen einzigen Film. Er erhielt auch keine Geld von zuhause dafür.


2.1.2 Rundfunkübertragungen


Ferner wurden Rundfunkübertragungen gemeinsam angehört, wobei die Schüler die Klassenzimmer verlassen mussten, so z. B.


14.9.1936: „Morgen um 10 Uhr vormittags findet eine für die Jugend eigens eingerichtete Übertragung der Ereignisse des ‚Reichsparteitages der Ehre’ statt. Die Schulleitung ersucht die betr. Lehrkräfte bis um diese Zeit die beiden Übertragungsräume aufzusuchen.“ (I, 90)

1.10.1938: „Ab 10.30h hören die Klassen 4 mit 8 im Gemeinschaftsempfang die Ankunft des Führers in Berlin.“ (II,2)

Reichsparteitag und Ankunft des Führers. Es waren Sendungen, die sich bewusst an die Jugend richteten:

Diese Übertragungen hatten einen eindeutig politischen Charakter, die die jungen Menschen beeinflussen sollten. Immer wieder wurde ihnen die Bedeutung des Nationalsozialismus ins Bewusstsein gerufen und die Rolle des Führers, des Retters der Nation.

 


  2.2 Schulfeiern

Innerhalb von Feiern wurde besonderer Anlässe gedacht, die für das Reich von besonderer Bedeutung waren.


Auf Seite 12 des I. Buches der Bekanntmachungen wurde folgender Zeitungs-ausschnitt geklebt:


„Am 28. Juni 1919, nachmittags um 3 Uhr 19 Minuten, wurde der Versailler Vertrag unterschrieben. Aus diesem Anlaß ist am Donnerstag, den 28. Juni ds. Js. in allen bayerischen Schulen – geschlossen oder in den einzelnen Klassen – eine besondere Saargedenkstunde zu veranstalten. Wo nachmittags unterricht wird, ist die Feier nach Möglichkeit auf die Zeit von 3 bis 4 Uhr zu legen. Die Schulen sind zu beflaggen, die Fahnen mit Trauerflor zu versehen.

Hammelburg, den 21. Juni 1934

                                     Die Bezirksschulbehörde       Keßler       Fruth


Dazu muss man wissen, was in damaliger Zeit mit dem heutigen Bundesland Saarland geschehen war:

„Nach dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages (10.1.1920) übernahm am 27.2.1920 eine Reg.-Kommission im Namen des Völkerbundes die Verwaltung des Saargebietes. Unter ihrer Jurisdiktion konnte Frankreich seine wirtschaftlichen und politischen Interessen im Saargebiet entfalten und seinen Einfluß dort sichern: u. a. Einführung des Franc als alleiniges Zahlungsmittel (1923), Einbeziehung in das frz. Zollgebiet (1926)“  (Brockhaus 1992)


Da damals – unabhängig vom Nationalsozialismus – ein sehr starkes Nationalgefühl in Deutschland vorhanden war, das im 1. Weltkrieg heftig geschundene Frankreich nunmehr auch nicht gerade sehr zartfühlend mit den Besiegten umging, wurden solche Gedenkstunden von der Bevölkerung begrüßt. Auf diese Weise wurde aber auch der Wunsch nach „Heimholung“ der Saar und anderer Gebiete im Volke wach gehalten.

 

Aus dem Arbeitsheft von Anneliese Lang 1935 (Archiv Hack)2.3 Kundgebungen

Eine ähnliche Bedeutung kam auch den Kundgebungen zu. Sie waren allerdings auch viel eindrucks- und wirkungsvoller als die Feiern. An der Vorbereitung und dem Ablauf der Kundgebung waren die Schüler in der Regel aktiv mitbeteiligt. Damit sollte ihnen bewusst werden, welche Bedeutung diese Kundgebungen hatten. Ludwig Müller trug am 26.2. 1936 ein:


„An der morgen aus Anlaß der feierl. Flaggenhissung durch die Staatsjugend veranstalteten

 Großkundgebung

nehmen die Schulklassen 3 u. 4. Knaben u. Mädchen ebenfalls teil. 1. u. 2. Klasse können von den Fenstern aus die Feier miterleben. Die Kollegen bitte ich, soweit sie uniformberechtigt sind, in Uniform zu erscheinen.


Die Vorbereitungen zur Ausschmückung des Blickfeldes werden durch die Staatsjugend heute Nachmittag ab ½ 2 Uhr vorgenommen.

Die Mädchen haben ca. 30 m Fichtengirlanden zu winden. (5. mit 8. Jhrg.) Die anderen Arbeiten werden von den Knaben ausgeführt (5. mit 8. Jhrg.)

Feiertagskleidung ist für die nicht in Tracht erscheinenden Knaben und Mädchen geboten.

Die noch nicht der Staatsjugend angehörigen, aber teilnehmenden Schüler u. Schülerinnen wollen über ihr Verhalten bei der Feier belehrt werden. Das Lied „Vorwärts, vorwärts schmettern die hellen Fanfaren“ möge nochmals, textlich besonders, durchgenommen werden. Außerdem werden das Deutschland- u. Horstwessellied, von letzterem sämtliche Strofen gesungen. Die Feier beginnt10h. Bereithalten ab 945.“ (I, 74)


[„Das Horst-Wessel-Lied ist ein politisches Lied, das zunächst (seit etwa 1929) ein Kampflied der SA war und etwas später zur Parteihymne der NSDAP avancierte. Es trägt seinen Namen nach dem SA-Mann Horst Wessel, der den Text zu einem nicht genau geklärten Zeitpunkt zwischen 1927 und 1929 auf eine vermutlich aus dem 19. Jahrhundert stammende Melodie verfasste…Nach der Machtübernahme Adolf Hitlers 1933 fungierte das Lied … als zweite deutsche Nationalhymne.[1] Der Alliierte Kontrollrat verbot 1945 nach der Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg das Lied.“ > Textbeginn: Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen …“ Zitat aus Wikipedia ]

Welchen Wert man solchen Kundgebungen beimaß, sieht man schon an der Organisation:


        - Schüler führen vorbereitende Arbeiten aus.

        - Im Unterricht werden die Lieder geübt.

        - Schüler werden über ihr Verhalten von den Lehrern belehrt.

        - Feiertagskleidung wird angeordnet.

        - Die Lehrer erscheinen in Uniform.

        - Der Ausdruck „uniformberechtigt“ ist bezeichnend. Wer keine Uniform tragen darf, 

          gehört nicht zu den Auserwählten.

 

Die Feierlichkeit des Ablaufes, präzise organisiert und durchgeführt, erinnert an eine militärische Parade oder kirchliche Prozession.

 


2.4 Arier

Der ethnologische und sprachwissenschaftliche Begriff „Arier“ führte schon in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zur fälschlichen Deutung einer Überlegenheit der „weißen Rasse“. Alfred Rosenbergs Werk „Der Mythos des 20. Jahrhunderts“ bot den Nationalsozialisten die theoretischen Grundlagen für ihre Rassenlehre. Die fürchterlichen Folgen konnte sich wohl niemand vorstellen.


„Der Antisemitismus engte den Begriff noch stärker ein, indem er ihm eine antijüdische Bedeutung gab: Der Arier wurde dem Juden gegenübergestellt. Der Missbrauch des Begriffs fand den stärksten Ausdruck in der Rassentheorie und  –politik des Nationalsozialismus.“ (Brockhaus-Enzyklopädie, Bd. 2, 1987, S. 107)


Zum ersten Male tauchte der Begriff in den Bekanntmachungen am 21.6.1935 noch vor den Nürnberger Rassegesetzen auf:


„5. Betreffs Sonnwendfeier

ergehen nähere Anordnungen durch den Beauftragen der H.J.Führung. Zur Teilnahme sind sämtl. arischen Schüler und – Lehrpersonen verpflichtet. Heil Hitler Müller“ (I, 47)

Damit war offensichtlich, dass jüdische Schüler dabei unerwünscht waren, aber auch etwaige nicht arische Lehrer, worauf der Ergänzungsbindestrich vor „Lehrpersonen“ hinweist. Aber gab es diese überhaupt an der Volksschule in Hammelburg? Wohl kaum. Davon ist jedenfalls nichts bekannt. Aber durch sein Nichterscheinen bei der Feier könnte sich ein Lehrer ja verdächtig machen, in den Verdacht geraten, doch kein echter Arier zu sein. Ein kleines Strichlein sagte dem Eingeweihten genug.


Da der Lehrerschaft gerade in einem autoritären System eine besonders wichtige Funktion bei der Erziehung der Jugend zukommt, erging am 4.6.1937 folgender Aufruf:


„Betrifft: Arischer Nachweis der Volksschulehrkräfte.

An die Kameradinnen und Kameraden! Die Schulleitung hat bis längstens 5. Juni die ausgefüllten Fragebogen mit Urkunden (1 – 5) belegt, der Bay. Schulbehörde in Vorlage zu bringen. Es wird um Erledigung ersucht. Ludwig Müller.“ (I, 112)


Die Religionslehrer durften weiterhin an den deutschen Schulen wirken. Da erscheint es kaum verwunderlich, dass am 5.12.1938 folgendes zu lesen ist:


„Nach Nr. 9, Abs II der Bekanntmachung des Ministeriums für Unterricht und Kultus vom22.4.38 zum Vollzug des Schulaufsichtsgesetzes – Amtsblatt des Bay. Staatsmin. F- Unterr. u. Kultus Nr. 7/1938 St. 148 ff. – haben die Geistlichen, die Unterricht an den Volksschulen erteilen, den Nachweis, dass sie oder  gegebenen falls ihre Ehegatten deutschen oder artverwandten Blutes sind, dem Regierungspräsidenten über das Schulamt bis zum 1.1.1939 vorzulegen. Ich erinnere an die Einhaltung dieses Termines. Feser.“ (II, 10)


Dass ein Lehrer im 3. Reich Arier sein musste, kann man ja noch verstehen, da er die Ideologie des Nationalsozialismus  vermitteln musste. Bei Religionslehrern hingegen erscheint dies zumindest verwunderlich, da das Christentum ohnehin diese Theorie nicht vertrat und vom Staat immer wieder bloßgestellt und verunglimpft wurde. Dazu muss man wissen, dass auch Religionslehrer aufgrund des Konkordates vom Staat bezahlt wurden und sich somit dessen Anweisungen zu beugen hatten.

 

2.5 Sportveranstaltungen

Die damaligen schulischen Sportveranstaltungen mit den heutigen Bundesjugendspielen zu vergleichen, trifft die Intention dieser Veranstaltungen nicht. Nicht ohne Grund wurde auf sie größter Wert gelegt. Aus heutiger Sicht dienten sie eindeutig politischen Zielen. Irgendwo musste sie ja herkommen, die „deutsche Jugend, die flink wie Windhunde, hart wie Kruppstahl und zäh wie Leder sein sollte“, wie Hitler forderte.

 

Aus dem Arbeitsheft von Anneliese Lang 6.Klasse 1935 (Archiv Hack)  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die für Deutschland so erfolgreichen Olympischen Spiele 1936 in Berlin waren für den Staat ein Aushängeschild und ein Ansporn, weiterhin sportlich Weltspitze zu sein. Die Sportveranstaltungen waren militärisch straff organisiert und erstreckten sich von morgens in der Frühe bis in die Nachmittagsstunden. Eine Zeitungsnotiz, die in die „Bekanntmachungen“ geklebt wurde, gibt Auskunft über solch eine Veranstaltung:


„Deutsches Jugendfest.

Samstag, den 23. Juni 1934.

In aller Frühe werden am Samstag unsere Jungen im Turndreß durch das Städtlein marschieren und ganz Hammelburg noch einmal daran erinnern, daß der Tag der Deutschen Jugend angebrochen ist, der Tag, an dem sie wie einstens die Jugend der alten Hellenen unter reger Anteilnahme aller Erwachsenen ihre Kräfte in edlem Wettstreit messen wollen. Männer und Frauen, brummt nicht, wenn Ihr allzu ungestüm aus Eurem Morgenschlaf geweckt werdet, sondern freut Euch der Jugend, die so frisch und froh den Tag beginnt. Damit die Kleinen aber auch sehen, dass Ihr Anteil nehmt an ihrer Festesfreude, werdet Ihr es schon übers Herz bringen müssen einmal hinauszugehen zum Turnplatz, wo unsere zukünftigen Weltmeister ihre Künste zeigen. Liebe Hammelburger! Mach doch den Kindern, Euren Kindern, die Freude und kommt, wenn Ihr’s irgendwie ermöglichen könnt.


Programm:

5.45 Uhr: Antreten der Wettkämpfer auf dem Turnplatz an der Fuchsstädter

               Straße und Marsch durch die Stadt.

6    Uhr: Beginn der Wettkämpfe.

9    Uhr: Vorführungen verschiedener Art.

10  Uhr: Die besten Wettkämpfer aller Altersklassen kämpfen um den Preis

              von Hammelburg.

11  Uhr: Gymnastik mit Musik.

11.15 Uhr: Abermals Vorführungen und Spiele.

11.30 Uhr: Der Vertrauensmann für Jugend und Sport, Herr E. Keßler

                  spricht zur Jugend.

                Anschließend Marsch durch die Stadt.

14.30 Uhr: Schwimmwettkämpfe und Vorführungen im Bad.

 

         Heil Hitler                                                 A. Bittner“  (I, 8)

 

Ein emphatischer, rührend unbeholfener, reichlich hausbackener Ausruf des Herrn Bittner.

Schulleiter Müller bestätigt dieses Programm und fügt noch ergänzend hinzu:


„2. Das Jugendfest betreffend

b) Die Mädchen von der 5e, 6, 7 u. 8. Klasse werden von Frau Demetria ge-

    schlossen zum Turnplatz geführt. Eintreffen dort um 8.45“ (I, 9)


Die Mädchen hatten die Funktion der Zuschauer zu übernehmen, denn es war zweifelhaft, ob die Hammelburger Bevölkerung – zu einem großen Teile damals noch mit den schweren landwirtschaftlichen oder Winzerarbeiten beschäftigt – recht zahlreich zu dem sportlichen Ereignis geströmt wäre. Hier zeigt Müller mehr Realitätssinn als der schwärmerische Bittner.


Bei den Schwimmvorführungen im Bad handelt es sich nicht um das jetzige Freibad, das erst Anfang der 70er Jahre eröffnet wurde. Vielmehr war das die „Boodschuel“ (= Badeschule) mit Aufsichtsperson, Liegewiese und Umkleidekabinen am Saaleufer, wo sich heute das Musikerheim befindet. Geschwommen wurde in den Saalefluten. Hygienische Anforderungen an die Wasserqualität stellte man nicht.


2.6 Die Hitlerjugend


Die Schule schenkte bzw. musste der HJ große Beachtung schenken. Bei Aufmärschen, Maifeiern und Sammlungen kam dieser Organisation mit ihren Uniformen stets besondere Bedeutung zu. Schon am 26.6.1934 wird folgende Statistik gefordert:


„An sämtliche Lehrpersonen! Die Schulleitung bittet um Anlegen von 3 Listen aus denen

         1. die Schüler ersichtlich sind, die der H.J., J. V.,B. d. M. & J. M.

         2. “                                           dem kath. Jugend Verein

         3. “                                      die keiner Jugendorganisation

angehören.

Die Listen wollen bereit gehalten werden. Der Herr Bez.- Schulrat hat für kommende Woche seinen Besuch angesagt. Müller“ (I, 11)


Am 27.9.1935 wird Müller in den Bekanntmachungen mit dem schon auf Seite 7 abgedruckten Text sehr viel deutlicher:


„Kolleginnen und Kollegen! Eine Verfügung des Volksbildungsministers in Thüringen Pg Wächtler, …, in der er die Lehrer verpflichtete, für den Eintritt der gesamten Schuljugend in die Staatsjugend nachdrücklich einzutreten, kann auch für uns Vorbild sein.

         „Unser Ziel ist 100 % baldigst Partei und Staat melden zu können.“ [Anm. rot unterstrichen]

                                                                                        Heil Hitler“ (I, 63)


Müller konnte sich hier nicht auf eine amtliche Verordnung stützen. Demnach handelte er auf eigene Faust. Damit wird wieder einmal deutlich: Nicht alle Gängeleien, nicht alle Schikanen wurden von oben angeordnet. Haben damit also alle jene recht, die da behaupten: „Am schlimmsten waren die kleinen Hitlerlich“ oder wie es damals hieß: „Wenn das der Führer wüsste …“? Ja, dann würde so etwas natürlich nicht passieren.

Mitnichten! Der wohlinformierte Staatsapparat hätte sofort eingegriffen, wenn übereifrige Volksgenossen nicht in seinem Sinne gehandelt hätten. Der Partei konnte es nur recht sein, wenn die Staatsführung als rechtschaffen, unschuldig und mitunter auch als etwas unwissend hingestellt wurde.


Es gab aber nicht nur eine massive Werbung für die HJ. Vielmehr wurden Mitgliedern der „Staatsjugend“ auch besondere Privilegien zuteil, wie die Eintragung im Oktober 1935 zeigt:


„Zur Teilnahme bei den Einweihungsfeierlichkeiten an der Landw. Schule sind morgen ab 9 Uhr befreit:

         1. Sämtliche Schülerinnen und Schüler der unteren 4 Klassen, die dem

                   J. V., den J. M. oder den Spielscharen angehören

         2. Von der Nicht-Staatsjugend diejenigen, die beim Singen oder

sonstigen Darbietungen beteiligt sind.

Sämtliche anderen Schüler haben Unterricht.“ (I, 66)


Zu allen Zeiten gab es für Schüler nicht Schöneres, als unterrichtsfrei zu haben. Jeder konnte an diesen Vorteilen teilhaben, wenn er nur nicht störrisch, sondern „klug“ genug war, zur Hitlerjugend bzw. ihren Vorstufen zu gehen. Und noch ein weiteres Bonbon hatte die Schule für diese Mitglieder parat. Müller schreibt am 15.4.1937:


„Ich mache auch darauf aufmerksam, daß Mittw. und Freitag Hausaufgaben für die der Staatsjugend angehörigen Schüler u. Schülerinnen verboten sind.“ (I, 105)


Aus dem Arbeitsheft von Anneliese Lang 1936 (Archiv Hack)   4. Seite des Aufsatzes von Anneliese Lang aus ihrem Arbeitsheft 1936 (Archiv Lang)

Offensichtlich war aber die Werbung für die HJ trotz verschiedener Vorteile doch nicht vom erwünschten Erfolg gekrönt, wie schon folgender Eintrag vom 4.11. 1935 zeigt:


„An sämtliche Kollegen und Kolleginnen! Der Gauschuljugendwalter hat mich beauftragt die Kollegen u. Kolleginnen dahingehend zu unterricht, dass künftighin bei der persönlichen Beurteilung der Lehrer der Prozentsatz H.J. in ihren Klassen eine ausschlaggebende Rolle spielen wird.“ (I, 67)


[Um die Wichtigkeit der Mitteilung zu unterstreichen, wurde sie in roter Farbe geschrieben]

Das war nun wirklich ein gekonnter Schachzug, nicht von Müller ausgeführt, sondern von der vorgesetzten Behörde beim Kampf um weitere Mitglieder der Staatsjugend:

1. Nicht das unterrichtliche Geschick des Lehrers, sondern der Prozentsatz von HJ-Mitgliedern in seiner Klasse war für seine Beurteilung von „ausschlaggebender“ Bedeutung. Eine schlechtere Beurteilung ermöglichte keine Karriere, führte zu finanziellen Einbußen und diente auch nicht dem Ansehen des Lehrers in der Öffentlichkeit und bei den Kollegen. Folglich musste dieser einen entsprechenden Druck auf seine Schüler ausüben, zur Staatsjugend zu gehen. 

2. Es bestand zwar für den Lehrer keine Verpflichtung, selbst der NSDAP beizutreten, jedenfalls keine offizielle Verpflichtung. Wie aber sollte er Mitglieder für die HJ gewinnen, Überzeugungsarbeit leisten, wenn er selbst nicht Parteigenosse war? Damit konnte wiederum indirekt Druck auf den Lehrer ausgeübt werden. Nicht viele Lehrer – obwohl selbst nicht von den NS-Theorien und –praktiken überzeugt, konnten dieser psychischen Belastung standhalten. Seufert war einer der wenigen. Dafür bekam er auch seine Quittung, wie wir gesehen haben.  

Erzählung von Anton Ruppert:

„Große Verwunderung erregte in der Schule einmal ein Schüler, der eine Meldung nach Hitler-Manier zackig machte und den Lehrer Feser auf diese Weise sehr beeindruckte. Als er dann von Lehrer Feser gefragt wurde, was er denn wohl beruflich werden wollte, antwortete er spontan: ,Bischof! Herr Lehrer.’ Darauf wurde Lehrer Feser recht kleinlaut und entließ den Schüler.“


 3. Kriegsbedingte Bekanntmachungen

Der am 1. September 1939 von Deutschland vom Zaun gebrochene 2. Weltkrieg erfasste in der Folge alle Bevölkerungskreise, ihre Sicherheit, ihre Versorgung, ihr Verhalten, ihre Ernährung usw. So ist es zu verstehen, dass ein Großteil der Bekanntmachungen von den Begleiterscheinungen und Auswirkungen des Krieges bestimmt war.

 

3.1 Luftschutz


Einen breiten Raum in der Schule nahm damals der Luftschutz ein. Allein mehr als 12 Bekanntmachungen beschäftigten sich damit. Bereits im Juli 1936 – mehr als drei Jahre vor dem Krieg – werden die Schüler auf die „Luftschutz-Verdunkelungs-Übung“ vom 21:10 bis 22:30 Uhr aufmerksam gemacht und belehrt. (I, 88) Der erste Fliegerprobealarm findet am 2.6.1937 statt.

Aus solchen Anordnungen ist zu erkennen, dass die Kriegsvorbereitungen systematisch betrieben wurden.


“Betrifft: Fliegerprobealarm.

         Auf Anordnung der Bez. Schulbehörde hat heute in der letzten Vormittagsstunde ein Fliegerprobealarm stattzufinden. Grundsätzlich gilt, dass sich sämtliche Schüler, mit Ausnahme der als Luftschutzhelfer aufgestellten Schüler und Schülerinnen der oberen Jahrgänge, sofort bei Ertönen der Alarm-Sirenen schnellstens in die Luftschutzkeller zu begeben haben:

         Die Knaben  in den Keller im Ostflügel des Schulgebäudes,

             Mädchen “                    Westflügel “   “.

Dort ist solange zu verweilen bis der Alarm als beendet gemeldet wird.

         Die Verantwortung für die Durchführung des Alarms hat bei den Knaben Hptlhr. Seufert, bei den Mädchen Frl. Hptlhrin. Weber. Ihre Stellvertreter sind Herr Lhr. Kamm, bzw. Frl. Heid.

         Vor dem heutigen Probe-Alarm werden die Mädchen im Lehrsaal der 5. u. 6. Klasse durch Frl. Weber, die Knaben im Lehrsaal der 7. u. 8. Klasse durch Herrn Hptlhr. Seufert belehrt“ (I, 111)


Die Keller boten immerhin einen gewissen Schutz gegen umherfliegende Splitter, Bombeneinschläge in der Umgebung oder Tiefflieger. Einen Bombentreffer  hätten sie aber nicht überstanden. Später kommt zu den zwei Kellern noch ein LSR (= Luftschutzraum) im Landratsamt hinzu. Dieses war damals im Roten Schloss bzw. Kellereischloss untergebracht. Der gewölbte Weinkeller war allerdings viel stabiler als die Schulkeller.


Vom Fliegeralarm durch Sirenen bis zum Erscheinen der feindlichen Flugzeuge durfte nicht viel Zeit verloren gehen. Deshalb mussten die Lehrkräfte mit ihren Klassen rasch in die Luftschutzräume gelangen können. Deshalb erging folgende Mitteilung an sie:


11.3.1940: „Die Schlüssel zu den beiden Zugängen zum Keller im Landratsamt liegen auf dem schwarzen Brett.“  (II, 53)


Recht interessant ist in diesem Zusammenhang auch noch ein Hinweis vom 29.4.1942:


„Fliegeralarmprobe wird durch ein Trompetensignal gegeben.“ (II, 84)


Immer wieder wurde auf die Notwendigkeit eines „luftschutzmäßigen Verhaltens“ hingewiesen. Auch waren die Schüler


darüber zu belehren, dass sie Brandbomben, Blindgänger u. sonstige abgeworfene Brandmittel nicht berühren dürfen.“ ((II, 110)


Offenbar aber hatten die zahlreichen Belehrungen nur einen geringen Effekt, so dass im Januar 1944 Seufert schreiben musste:


„Luftschutz, hier ordnungswidriges Verhalten der Schuljugend“ (II, 125)


Leider erfahren wir nicht, worin diese Ordnungswidrigkeit bestand, da lediglich auf eine beiliegende, aber nicht mehr vorhandene Verfügung hingewiesen wurde, die bekanntgegeben werden wolle. Noch im Februar oder März 1945 – es ist kein genaues Datum eingetragen – musste Schulleiter Seufert energische Verhaltensregeln erlassen und heftigen Tadel aussprechen Die Kinder waren an die zahlreichen Luftangriffe gewöhnt und wurden leichtsinnig.

„Das Verhalten der Schüler beim letzten Fliegeralarm hat zu verschiedenen Klagen und Beanstandungen geführt. Es wird deshalb nochmals bekanntgegeben.


1. Sobald durch die Sirene Fliegeralarm gegeben wird u. sich feindliche Flugzeuge über uns befinden, dürfen die Schüler nicht mehr heimgehen. Alles geht dann in die bestimmten LS-Räume. Wer trotzdem über den Marktplatz hinwegspringt, wird zur Bestrafung dem H. Bürgermeister vorgeführt.


2. Die Schüler gehen geschlossen unter Aufsicht ihrer Lehrkraft in den für sie bestimmten LS-Raum. Ich muß von jeder Lehrkraft verlangen, daß sie in Ordnung mit ihrer Klasse in den LS-Raum geht; denn sie trägt die Verantwortung für die Schüler.


3. Im Luftschutzraum nehmen die Schüler klassenweise ihren zugewiesenen Platz ein. Jede Lehrkraft ist für die Ruhe und Ordnung ihrer Klasse verantwortlich. Anwesende ältere Leute haben sich über das Herumlaufen u. laute Schreien unserer Schüler beschwert.


4. das Verbandsmaterial wurde von den Mädchen vergessen.


Der Kriegsalltag stumpfte die Kinder ab. Die ständigen Übungen und auch der häufige Luftschutzalarm hatten ihre Wirkung weitestgehend verloren. In Hammelburg war ja noch nichts passiert.


3.2 Winterliche Leibesübungen


Deutschland war und ist ein rohstoffarmes Land. So viel Material wie möglich wurde schon vor dem Krieg in die Rüstung gesteckt, für die Kriegsvorbereitung benötigt. Dass dann der Krieg erst recht zu Mängeln und Engpässen auf vielerlei Gebieten führte, bedarf wohl kaum der Erwähnung. Dass dies aber schon im ersten Kriegsjahr geschah und dass davon auch der Schulbetrieb in Hammelburg betroffen war, mag erstaunen. Jedenfalls musste Schulleiter Feser am 13.1.1940 folgendes mitteilen:

  

Betreff: Wanderungen, winterliche Leibesübungen.

Der Herr Bürgermeister hat mich gebeten zu veranlassen, dass vorläufig die Schulklassen in der Zeit des Krieges von Wanderungen, Rodeln, Schlittschuhlaufen Abstand nehmen. Viele Eltern haben sich in dieser Angelegenheit beschwerdeführend an ihn gewandt, weil durch diese Übungen das Schuhwerk angeblich zu stark abgenützt und beschädigt werde. Eine ausreichende Zuteilung von Bezugsscheinen für Schuhe an die Schüler kann der Bürgermeister vorerst nicht vornehmen, da infolge des niedrigen Verteilungsschlüssels in erster Linie die Arbeiter berücksichtigt werden müssen.

Ich bitte also – vorbehaltlich der Genehmigung durch das Bezirksschulamt – diese Übungen vorläufig nicht durchzuführen.

Wegen der Benützung der Turnhalle in der Landwirtschaftsschule bitte ich um Angabe Ihrer Turnstunden.“ (II, 48)


Wer die schuhmordenden Schlittschuhe jener Zeit kennt – nicht ohne Grund worden sie als „Absatzreißer“ apostrophiert – kann die Klagen der Eltern verstehen. Auch das Schlittenfahren forderte seinen Tribut vom Schuhwerk. Dass aber sogar Wanderungen die Schuhe stark abnützen würden, weist auf die ziemlich desolate Versorgungslage hin. Es war eben kein Ersatz zu bekommen, da die Schuhe und andere notwendige Artikel zugeteilt wurden.

 

3.3 Umgang mit Kriegsgefangenen


Kriegsgefangene waren gefangene Feinde, die in Lagern leben mussten. Vielfach war man aber auf ihre Mithilfe in der Industrie, in der Landwirtschaft oder in handwerklichen Betrieben angewiesen. Dabei sollten deutsche Bürger natürlich auf Distanz zu diesen Leuten bleiben. Schließlich waren dies Feinde, Leute, die einmal auf unsere Soldaten geschossen hatten. Dass dies umgekehrt auch so war, wurde unterschlagen.


Weil sie Feinde waren, sollten die Kontakte mit Kriegsgefangnen nur auf das Notwendigste beschränkt bleiben. Den Schülern waren natürlich die einschlägigen Vorschriften bekannt. Dafür sorgten schon die Partei, die Polizei, die Schule. Dennoch entwickelten sich offensichtlich mitmenschliche, teilweise sogar freundschaftliche Beziehungen zwischen den Gefangenen und den Schülern, sicher auch den Erwachsenen. Die Schulleitung sah sich daher gezwungen, Folgendes zu verordnen.


6. Juli 1940: „Betreff: Umgang mit Kriegsgefangenen.

Ich bitte die Schüler und Schülerinnen der Volksschule und ländlichen Berufsschule eindringlich über den Umgang mit Kriegsgefangenen zu belehren. Es ist verboten, daß die Schüler und Schülerinnen für die Gefangenen Einkäufe und Erledigungen machen. Feser“ (II, 60)


So etwas ging nach damaliger Meinung natürlich zu weit und musste unterbunden werden. Doch deutet diese Anordnung auf ein vielfach recht gutes Verhältnis zu den Gefangenen hin und dass einzelne Schüler mitunter nicht gewillt waren, sich allen Vorschriften zu beugen.


27.1.1945: „Zur Bekanntgabe in den Klassen.

Es ist bekannt geworden, dass ein Schüler bei einem Kriegsgefangenen Schokolade gegen ein Messer eingetauscht hat. Ich bitte freundlichst, erneut auf die Strafbarkeit des Verkehrs u .Umgangs mit Kriegsgefangenen hinzuweisen. I. V. Scheier“ (II, 143)


Immerhin kann man aus dieser Lappalie erkennen, dass andererseits ganz offensichtlich das Denunziantentum – oder war es Neid? – in der Bevölkerung und wohl auch unter den Schüler verbreitet war, wenn so etwas der Schule angezeigt worden ist.

Wo die Kinder mit den Gefangenen Kontakt aufnehmen konnten, ist aus den Unterlagen nicht zu erfahren. Jedoch soll sich ein Lager für serbische Offiziere in der Saaletalstraße im späteren BRK-Haus befunden haben, der ehemaligen Gerberei Happ. Auf die frühere Gerberei deutete der Thulbakanal hin, der durch das Koppesland zum Happschen Anwesen vorbei an dem Fernsehgeschäft Schumm führt. Heute ist der Kanal zugeschüttet.


 

3.4 Schüler aus luftgefährdeten Gebieten und Umsiedler

Im Krieg wuchs die Schülerzahl in Hammelburg sehr an, denn Kinder aus den verschiedensten deutschen Gebieten wurden hierher gebracht und gingen hier zur Schule. Weil der ländliche Raum relativ sicher vor Luftangriffen war, kamen Kinder aus „luftgefährdeten Gebieten“ häufig aufs Land.


In der Nähe des alten Sportplatzes, heute „Am Gericht“ genannt, wurden RAD-Baracken aufgestellt [RAD = Reichsarbeitsdienst]. Da in ihnen hauptsächlich Kinder aus Düsseldorf mit ihren Müttern untergebracht waren, nannte man diese kleine Ansiedlung kurzerhand „Düsseldorfer Siedlung“. Einige dieser Baracken standen noch in den Siebzigerjahren. Beliebt waren diese Großstadtkinder zumeist nicht. Sie ihrerseits werden sich aber in diesem ländlichen Raum auch nicht wohlgefühlt haben. Wegen der Zerbombung ihrer Städte konnten sie nach dem Krieg auch nicht gleich in ihre Heimat zurück.


Ebenso waren Umsiedler hier, Volksdeutsche. So zogen am 1. Juli 1942 die „Dobrudscha-Schüler“ (II, 90) fort, und im Dezember 1942 wurden 33 „Litauer Kinder“ (II, 100) erwähnt. In den losen Blättern steht:

 Schuljahr 1942/43

begann am 2. September.

Gesamtschülerzahl: 419 (ausschl. Litauer)

Die litauischen Kinder wurden v. Lehrer Naujocs u. Januscis geführt, sie traten zum Schuljahresbeginn in die hiesige Schule ein.“


Trotz des Filmes „Wolgadeutsche“ war das Verhältnis zu den Umsiedlern nicht ungetrübt, wie ein Eintrag im November 1943 zeigt, in dem der Schulleiter Seufert Hammelburger Schüler zur Ordnung ruft:


„An alle Lehrkräfte.

Betreff: Beschimpfung der Umsiedlerkinder.

Verschiedene Klagen der neueingetroffenen Umsiedler veranlassen mich folgendes bekanntzugeben:

         Ich bitte jede Lehrkraft in ihrer Klasse darauf hinzuweisen, daß die neueingeschulten Umsiedlerkinder nichts mit unseren Feinden, den Russen, zu tun haben, sondern deutschen Blutes sind. Diese Leute hat das Schicksal in früheren Zeiten in fremdes Land verschlagen. Eine Beschimpfung, wie Russen, Ukrainer, Litauer, hat zu unterbleiben u. wird in Zukunft schwer bestraft. Im Gegenteil, diese Leute habe (sic!) schwere Opfer gebracht. I. V. Seufert“ (II, 123)


Am 17.11. 1943 betrug die Zahl der Schüler

     aus luftgefährdeten Gebieten:   92

                     die der Umsiedler:                      23

 
Im Januar 1945 wurde dem Schulrat die Zahl der Schüler aus luftgefährdeten Gebieten gemeldet. Die Zahl hatte sich ganz erheblich vergrößert. Es ergab sich diese Statistik:



        Reg.-bezirk Düsseldorf:          115           Köln:                   3

        Reg.-bezirk Wiesbaden/Ffm:    19           Pirmasens:        32

        Stadt Berlin :                             3           Ludwigshafen:    --

        Stadt Hamburg:      3  Saarbrücken: 5

        Schweinfurt:                          16                Speyer:                3

        München:                                  4           Aschaffenburg:   3

        Nürnberg:                                 5           Stuttgart:           4

        Mannheim:                                5           Bezirk Trier:        1

        Augsburg:                                 2           Aachen:              5

        Dortmund:                                2           Ostpreußen:       1

        Mainz:                                      1

        ______________________________________________________

                                                               Insgesamt               232

 
Welch armseliges Leben die gerade von einigen Hammelburger Schüler gehänselten Umsiedler führen mussten, geht aus einer Notiz von Seufert zum Weihnachtsfest 1944 hervor:


„Um den Kindern der Volksdeutschen Mittelstelle im Hotel Post u. Kloster Altstadt eine kleine Weihnachtsbescherung bereiten zu können, werden die Schüler ersucht, eine Kleinigkeit an Äpfeln u. Plätzchen zu bringen. Es ist noch vom vorigen Jahr in guter Erinnerung, wie die Schüler gerade für diese armen Kinder gespendet haben, Die Schüler möchten etwas Obst in der Schule abgeben.“ (II, 140)


3.5 Kriegsgefahren für das Leben der Schüler

Dass der letzte Krieg auch vor der Zivilbevölkerung nicht halt gemacht hat, kann man an den vielen Luftschutzübungen erkennen. Im September 1943 wird vor dem


„Abwurf neuartiger Gegenstände aus Flugzeugen gewarnt.“ (II, 117)


Dass auch Kinder infolge ihrer Neugier und Sorglosigkeit ein tragisches Schicksal erleiden mussten, darauf weisen folgende Mitteilungen hin:


„Beim letzten Luftangriff auf Berlin stürzte in der Nacht am 27.1.[1944] ein feindlicher Bomber brennend in Sulzthal ab. Ein Knabe trat auf ein Phosphorfläschchen, die von dem abgestürzten Flugzeug umherlagen und erlitt solche Verbrennungen an Füßen und Händen, daß er in das Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Dieser Vorfall gibt Veranlassung, daß die Schüler erneut auf beiliegende Verfügung aufmerksam gemacht werden müssen.“ (II, 125)

Der Schüler starb an den Folgen.


Oktober oder November 1943:

„Gestern verunglückte der Schüler Paul von hier sehr schwer dadurch, dass er auf des Zündhütchen einer Patrone des amerikanischen Geschoßes schlug. Nach telephonischer Mitteilung v. Landratsamt dürfen Schüler mit solchen gefährlichen Dingen nicht spielen u. müssen dies Geschoße u. Teile davon sofort abliefern. Jeder, der im Besitze von Patronen ist, macht sich strafbar.“ (II, 120)


23.3.1944:

„Gestern wurde der Schüler Kessler Adam der 5. Kl. von einer Handgranate zerrissen.

Es ist dies in Hammelburg der 3. Fall, daß Schüler, die mit Munition, Handgranaten u. Schußwaffen gespielt haben, auf solch leichtsinnige Weise ihr Leben eingebüßt haben. Alle Schüler wollen nochmals eindringlichst darüber belehrt werden, dass das Spielen mit Munition u. derartigen Sprengkörpern lebensgefährlich ist.“  (II, 127)


18.4.1944:

„In letzter Zeit sind 3 Schüler in Hammelburg und 2 Schüler im Landkreis Karlstadt durch spielen mit Munition u. Schußwaffen verletzt oder getötet worden. Sämtliche Schüler u Schülerinnen sind am 1. Schultag erneut über die Gefahren zu belehren u. ihnen strengste Verhaltensregeln einzuschärfen.“ (II, 128)

Man musste sich vor den feindlichen Fliegern schützen, so gut es ging, davon künden die Luftschutzmaßnahmen, aber auch diese Mitteilung vom Februar/März 1945:


„Die Schüler sollen über Schutz d. Schüler vor Splitterbomben, Bordwaffenbeschuß durch Tiefflieger belehrt werden.“ (II, 146)


Tatsächlich schossen Tiefflieger auf harmlose Zivilpersonen. Das war nun gegen das Kriegsrecht und eigentlich auch ebenso wenig zu entschuldigen wie deutsche Gräueltaten in den besetzten Gebieten. Einerlei, man wollte so den Durchhaltewillen in der Bevölkerung brechen.


Es war aber nicht hartnäckiger Durchhaltewille der Bevölkerung, der dem Krieg kein Ende machte. Vielmehr war es die Staatsführung, die mit ihren Helfern in Partei, SS u. dgl. den Durchhaltewillen bis zum „Endsieg“ propagierte und vor brutaler Verfolgung kriegsmüder Volksgenossen nicht zurückscheute, getreu der Parole „Wir kämpfen bis zum letzten Mann und bis zur letzten Patrone.“


Für die Bevölkerung ging aber noch eine Gefahr gänzlich anderer Art von den Flugzeugen aus:


24.7.1944: „3. Flugblätter, sonstige Schriften, Lebensmittelmarken. Die Schüler sollen nochmals auf beiliegende Anordnung der Reichsregierung aufmerksam gemacht werden u. darüber belehrt werden, daß jeder, der im Besitze eine Flugblattes oder von Fleischmarken ist, die feindliche Flugzeuge abgeworfen haben, schwer gestraft werden kann.“ (II,


Ein Flugblatt im Ruhrgebiet beispielsweise hatte den Titel „Heul Hitler“ statt „Heil Hitler", und es folgte der Aufruf zum Widerstand. Dass die Staatsführung keine Flugblätter mit feindlicher Propaganda duldete und ihren Besitz hart bestrafte, ist zwar verständlich. Was hat es aber mit den Fleischmarken auf sich? Die Lebensmittel waren in dieser Mangelgesellschaft streng rationiert, besonders das Fleisch. Jeder Einwohner bekam monatlich eine Lebensmittelkarte mit heraustrennbaren Marken für den Einkauf.


Anmerkung: Im September 1943 warfen alliierte Flugzeuge im Lahn-Kreis zum ersten Male Lebensmittelkarten ab.


„Fett, Fleisch, Butter, Milch, Käse, Zucker und Marmelade waren ab dem 1. September 1939 nur noch gegen Lebensmittelkarten erhältlich; Brot und Eier folgten ab dem 25. September…Ein "Normalverbraucher" erhielt in den ersten beiden Kriegsjahren pro Woche u.a. 2.250 Gramm Brot, 500 Gramm Fleisch und rund 270 Gramm Fett.  seit dem kritischen Versorgungsjahr 1942 kam es zu einer noch strengeren Rationierung….Zur Versorgung der deutschen Bevölkerung wurden die besetzten Gebiete rücksichtslos ausgebeutet und der "Tod durch Verhungern" in Osteuropa gezielt herbeigeführt.“ (google)


Die abgeworfenen Fleischmarken sollten Unordnung in die Lebensmittelversorgung bringen. Deshalb war ihr Besitz verboten. In einem der beiden Bekanntmachungsbücher befand sich ein interessanter Fund:


50 nagelneue blaue Fleischmarken zu je 50 g, gültig bis 6.2.44.  

2 ½ kg Fleisch waren eine ungeheure Menge. Soviel gab es in den ersten beiden Kriegsjahren in fünf Wochen für eine Person. 1944 musste es noch viel länger reichen. So eine Menge Marken hat sich keiner aufgehoben, wenn er legal an sie gekommen war. Der Verdacht, dass es sich um abgeworfene Fleischmarken handelte, liegt nahe. So linientreu war der Führer dieses Buches oder irgendein anderer Schulbediensteter nun aber auch wieder nicht, dass er die gefälschten, aber dennoch wertvollen Marken abgab.

 


  4. Sammlungen


Das rohstoffarme Deutsche Reich war im Krieg von zahlreichen Importmöglichkeiten abgeschnitten. Auch die rücksichtslose Ausplünderung der Ressourcen in den besetzten Gebieten des Westens und des Ostens konnte nicht genügend Ausgleich schaffen. So musste in der Heimat alles gesammelt werden, was gerade noch entbehrlich war bzw. was die Natur schenkte. Besonders die Schulkinder wurden zu solchen Tätigkeiten herangezogen. Mehr als 20 Bekanntmachungen betreffen die verschiedensten Sammlungen.


4.1 Heilkräutersammlungen


Da für die ärztliche Versorgung der Bevölkerung chemische Medikamente knapp waren, Heilkräuter in der Medizin zudem noch eine größere Rolle spielten und Hammelburgs Fluren zahlreiche Kräuter boten, wurden die Kinder immer wieder zu Sammlungen aufgefordert. Am 23.4.1942 erging folgender Aufruf:


„Mit dem Sammeln von Heil- und Teekräutern muß jetzt schon begonnen werden. Es sind in diesem Monat zu sammeln Huflattichblüten, Schlüsselblumenblüten, Schlehenblüten, Gänseblümchen. (Schulanz. Nr. 4, S. 92)

Frl. Kollmayr mit ihrer Klasse wird das Trocknen und Verschicken der gesammelten Heilkräuter übernehmen.“ (II, 83)


Am 4.5.1942 wird der Aufruf ergänzt:

„Nach einem Rundschreiben haben sich sämtliche Schulen an der Sammlung zu beteiligen u. jede Lehrkraft soll sich mit ihrer Klasse für die Sammlung einsetzen.

Es sollen jetzt Schlüsselblumenblüten (ausgezopft) und nicht die ganzen Blütendolden, u. nicht Schlehenblüten gesammelt werden.

Ablieferung: Montag u. Donnerstag.“ (II, 85)


Auch im September wird wieder für die Sammlung geworben:


Betreff: Sammeln von Heilkräutern. Gerade jetzt bietet die Natur noch eine reiche Ernte an Blättern, Blüten u. Kräutern. Wir erreichen nur dann unsere Lieferpflicht, wenn wir in diesen Monaten noch tüchtig sammeln. Gesammelt werden jetzt Brombeer- u. Himbeerblätter, später Hagebutten Kastanien.

Gute Leistungen werden mit Auszeichnungen belohnt.“ (II, 93)


Sogar die Kartoffelferien, 1. – 6.10. 1942, sowie den 1. Mai 1944 sollten die Schüler für das Sammeln von Heilkräutern verwenden. Wie wichtig diese Tätigkeit auch von den vorgesetzten Stellen genommen worden ist, geht aus der Verlautbarung vom 19.4.1943 hervor. Jetzt durften auch Unterrichtsstunden dafür verwendet werden.


„Für unsere Soldaten an der Front sollen auch in diesem Jahre wieder Heilkräuter gesammelt werden. Es blühen jetzt die Schlehen in reichem Maße und bitte die Zeit zum Sammeln auszunützen. Nach Aussprache mit H. Schulrat dürfen auch die Naturkunde- u. die Turnstunden dazu benutzt werden, damit wir wieder ein gutes Ergebnis erzielen. Die Schlehenblüten werden auch gut bezahlt.“  (II, 107)


[Anmerkung: In Rothenbuch hing noch 1965 in der Schule eine große Landkarte mit dem schriftlichen Vermerk: „Angeschafft aus dem Erlös der Heilkräutersammlung von 1943/44“]


Aus den Bekanntmachungen ist zu entnehmen, was alles gesammelt werden musste:

-         Brombeerblätter

-         Himbeerblätter

-         Erdbeerblätter

-         Kamille

-         Schlüsselblumenblüten 

-         Huflattichblüten

-         Gänseblümchen

-         Zinnkraut

-         Pfefferminz

-         Taubnesselblüten 

-         Schafgarben

-         Spitzwegerich

-         Holunderblüten

-         Holunderbeeren

-         Hiffen/Hagebutten

-         Schlehenblüten

-         Kastanien

 Unter dem 1.5.1941 werden einmal in den losen Blättern die folgenden beachtlichen Zahlen genannt, die sich während des Krieges sicher noch gesteigert haben:


„Ergebnis der Kräutersammlung/


Getrocknetes Sammelgut =         181 kg

Getrocknete Kastanien    = 575 kg“


Anton Ruppert erinnert sich aber noch an eine weitere Aufgabe der Schüler: Im Dachgeschoss der Schule wurden Seidenraupen gezüchtet. Die gewonnene Seide sollte zu Fallschirmen für die Luftwaffe verarbeitet werden. Eine Lehrerin betreute mit Schülern die Zucht. Die Schüler mussten Maulbeerblätter für die Raupen sammeln.


Die Kollegin Antonie Merz, Hammelburg, erzählte, dass sie mit ihren Schülern die „Kuhschludde“ sammeln musste. Es handelte sich um die giftige Herbstzeitlose (chochicum autumnale), die den Kühen angeblich gefährlich werden konnte.

 

4.2 Altstoffsammlungen


Wenn man liest, wie eindringlich immer wieder zum Sammeln von Altstoffen aufgerufen wurde und wenn man vor allem sieht, was alles gesammelt wurde, so kann man sich leicht die prekäre Versorgungssituation in Deutschland vor Augen halten. Der Sammeleifer scheint hier aber nicht immer den Vorstellungen der Vorgesetzten entsprochen zu haben. Anordnungen wie diese von 17.12.1941 kehren öfter wieder:


„Da bis jetzt in diesem Jahresviertel nur ganz wenige Altstoffe zur Ablieferung kamen, findet heute – wie bereits am Samstag bekanntgegeben – eine Altstoffsammlung statt. Eine Einteilung in Straßen erfolgt nicht. Ablieferungszeit zwischen 3 und 5 Uhr nachm. im „Katzenhaus“. Die Schüler melden ihr Sammelergebnis den Klaßlehrer.“ (II, 80)


Ein halbes Jahr später wurde die Sammlung straffer organisiert:


Betreff: Altkleider- und Spinnstoffsammlung am Samstag, den 6. u. Samstag den 13.Juni

Am Samstag wird die Spinnstoffsammlung dahier durchgeführt. Die Lehrkräfte sollen die Schüler darauf aufmerksam machen, dass die Eltern daheim alte Kleider u. Lumpen zusammensuchen sollen, die dann am Samstag um 4 Uhr abgeholt werden. Lt. Anordnung des Ortsgruppenleiters müssen wir 65 Schüler mit Handwagen u. Waschkörben abstellen. Es stellen ab

4.5. u. 6 u. 7. Jahrgang je 15 Schüler auf einer Liste.

4 Uhr im Schulhof antreten.“ (II, 87)


Ende 1943 wirbt die Schule noch einmal intensiv für die Altstoffsammlung, wobei Belohnungen versprochen werden:


„Betreff: Altstoffsammlung

Da wir in den letzten Monaten ganz wenig Altmaterial gesammelt haben, ist für heute Mittag ab 2 Uhr

         eine verstärkte Altstofferfassung zum Jahresende

vorgeschrieben. Die Durchführung dieser Altstoffsammlung ist von oben angeordnet u. ich erwarte, daß sich nach den Ausführungen des H. Landrats bei der letzten Konferenz jede Lehrkraft dafür einsetzt. Es werden gesammelt: Altpapier, Eisen, Lumpen, Knochen. Für besonders gute u. fleißige Sammler werden Belohnungen abgegeben. (Siehe beiliegendes Rundschreiben) Außerdem erhalten kleinere Sammler Bleistifte, Federhalter, Farbstifte. Jede Lehrkraft stellt listenmäßig fest, was gesammelt wurde und meldet das Ergebnis zur 3. Jahresdrittelmeldung.“ (II, 124)


Waren schon die Belohnungen eher bescheiden, so darf man sich die Menge der verteilten Geschenke auch nicht sehr groß vorstellen. Immer wieder musste der Sammeleifer neu entfacht werden, sollten die Sammelergebnisse gesteigert werden. So ordnete beispielsweise das Wirtschaftsamt am 18.4.1944 einen Wettstreit an:


„Das Wirtschaftsamt hat einen Wettstreit im Sammeln von Altpapier, Knochen u. Lumpen angeordnet. Beiliegendes Rundschreiben wolle in den einzelnen Klassen bekanntgegeben werden.“ (II, 128)


Im Juli 1944 sollten die 4 besten Sammler jeder Klasse belohnt werden.


„Die 4 besten Sammler jeder Klasse sollen auch dieses Jahr belohnt werden und bitte diese auf beiliegender Liste einzutragen.“ (II, 133)


Folgendes Altmaterial wurde gesammelt: 

-         Altkleider

-         Schuhe

-         Altpapier

-         Eisen

-         Knochen 

-         Weinflaschen

-         Wäsche

-         Stiefel

-         Bücher

-         Lumpen 

-         Stanniol

-         Gummi 

In den losen Blättern findet sich folgender Eintrag:


„Ergebnis der Altmaterialerfassung/


In der Zeit vom 28. März bis 17. Juli 1 941wurden von den Volksschülern folgende Altstoffe gesammelt: 

Altpapier:          2701,5   kg

Alteisen:             5390       

Stanniol:                 50,75  

Lumpen:             1050,75  

Altgummi:              12       

Sonstiges:              36            

Eine außergewöhnliche Sammlung wurde im September oder Oktober 1943 durchgeführt:


„Für unsere Verwundete in den Lazaretten werden zur Unterhaltung alte (wenn auch zerbrochene)Schallplatten dringend benötigt. Die Kinder sollen daheim nachschauen u. diese morgen mitbringen. Hauptl. Hartung holt sie bei uns ab u. tauscht dafür neue ein. Es gilt als Spende für unsere verwundeten Soldaten.“
(II, 118)


Noch ein Spendenaufruf vom 2.2.1945 ist erwähnenswert:


„Aus besonderen Gründen darf bis auf weiteres kein Kind das hier errichtete Lazarett besuchen.

Erwünscht ist, dass für die Verwundeten Beschäftigungsspiele (Halma, Schach u. dgl. auch Kartenspiele) gespendet würden. Annahme in der Schule.“ (II, 143)


4.3 Schädlingsbekämpfung


Die deutsche Bauernschaft – meist nur noch aus Frauen, alten Männern, Kriegsuntauglichen und Kriegsgefangenen bestehend – hatten alle Hände voll zu tun, um einigermaßen die Ernährung der Bevölkerung zu gewährleisten. Da sollte möglichst wenig verderben oder von Schädlingen vernichtet werde. Wo einfache Helferdienste notwendig waren, wurde ebenfalls die Schuljugend herangezogen. Am 9.5.1940 erließ der Schulleiter folgenden Aufruf:


„An die Schüler der Klassen 4 mit 8.

Betreff: Bekämpfung der Herbstzeitlosen.

Sämtliche Schüler und Schülerinnen der Klassen 4 mit 8 (außer den Wiederimpflingen!) haben heute nachm. ¾ 2 Uhr klassenweise im Schulhof zur Bekämpfung der Herbstzeitlosen anzutreten. Ein entsprechendes Gerät zum Ausstechen der Herbstzeitlosen ist mitzubringen.

         Da es sich um eine Maßnahme für die Landwirtschaft handelt, können in der Landwirtschaft tätige Kinder an diesem Nachmittag nicht beurlaubt werden.

         Ich mache darauf aufmerksam, dass es sich hier für die Schüler und Schülerinnen um einen Kriegsdienst handelt und die Teilnahme Pflicht ist.

         Die in Frage kommenden Klaßlehrkräfte bitte ich beim Antreten zur Festlegung der Einteilung und Versäumnisse anwesend zu sein. Feser! (II, 57)


Dass die Herbstzeitlose – im Volksmund „Kuhschludde“ genannt – zwar eine giftige Pflanze ist, ist bekannt. Das Vieh frisst sie aber nicht. Deshalb ist der Sinn dieser Bekämpfung rätselhaft. Andererseits wurde von ehemaligen Schülern berichtet, dass sie nach dem Krieg Herbstzeitlosen für medizinische Zwecke sammeln mussten. Die Herbstzeitlose – botanisch colchicum autumnale – bzw. ihre Inhaltsstoffe sind auch heute noch ein wirksames Mittel gegen die Gicht. Sollte da Herr Seufert etwa sich vertan haben mit dem Ausdruck „Bekämpfung“?


Eine weitere Plage stellten die Kartoffelkäfer dar. Für die Sommerferien 1942 wurde daher am 11.7.42 bestimmt:


„Bitte Schülerlisten u. Ferienadressen bei mir abgeben; ebenso eine Schülerliste für den Kartoffelkäfersuchtag, der jeweils am Freitag in jeder Woche ist. Die Schüler der oberen Jahrgänge haben daran teilzunehmen (5. bis 7. J) Um ¾ 6 Uhr Antreten am Marktplatz! I. V. Seufert“ (II, 91)


Wie erfolgreich dieser Ferieneinsatz war, kann man am 2.9.1942 nachlesen:


„Betreff: Kartoffelkäferbekämpfung


„Da sich die Schüler am letzten Suchtag sehr spärlich eingefunden haben, hat H. Bürgermeister angeordnet, daß heute um 10 Uhr sämtliche Schüler vom 5. Schuljahr ab zum  Kartoffelkäfersuchen antreten.

Da im Nachbarbezirk Kartoffelkäferlarven gefunden wurden, ist deshalb notwendig, daß mit größter Gewissenhaftigkeit und Vorsicht nach diesem Schädling gesucht wird. I. V. Seufert“ (II, 93)


 

5. Das Kriegsende

Das während des Krieges ziemlich verschonte fränkische Städtchen Hammelburg erlebte gegen Kriegsende dramatische, existenzbedrohende Stunden. Der Lehrer Seufert verstand sich hier in alter Schulmeistermanier offensichtlich als Chronist, als er die schrecklichen Ereignisse, die ja unmittelbar mit der Schule nichts zu tun hatten, in den schulischen Bekanntmachungen festhielt:


„Schuljahr 1945/46


Nach öfterem Fliegeralarm drangen am 27. März feindliche amerikanisch Panzerspitzen von Gemünden aus vor, teilten sich in Höllrich u. griffen von beiden Seiten das Lager an. Die meisten Hammelburger Bürger waren in den Morgenstunden mit allen mögliche Fahrzeugen in den Feuerthaler Wald geflüchtet. Mit der Bahn kamen gegen 1 Uhr deutsche Panzer v. Kissingen, wurden am Bahnhof ausgeladen u. fuhren auf der Diebacher Straße dem Feind entgegen. Amerikanische Panzer mit Spähwagen kam auf der neuen Obereschenbacher Straßem u .es kam zu einem Panzergefecht. Auf der Straße an der Siebschläferkapelle, dann im Wiesengrund, an der Saale-Brücke, am Bildschöckchen (sic!) beim Liebenthal lagen ausgebrannte amerikanische Fahrzeuge. Der Hauptkampf spielte sich am Lager ab. Weithin leuchtete das Feuer der brennenden Strohhaufen in die Nacht. Der Vorstoß wurde abgefangen, 2 Panzer erbeutet u. Gefangene gemacht. Die ausgebrochenen Gefangenen auf Lager wurden wieder eingebracht. [Ergänzung mit Bleistift: Todesopfer: Reusch]


1. April: Die Schule muß geräumt werden. Militär vom Lager wird unter Oberleutnant Hornberger einquartiert. 

3. April: In den Morgenstunden Fliegerbeschuß mit Bordwaffen, Bombenabwurf am Bahnhof, Abtransport Russischer Gefangenen – Verletzte u. [kein Eintrag] 

4. April: Feindliche Jabos beschießen im Tiefangriff die Gebäude am Stadtrand. Durch Leuchtspurmunition entstehen viele Brände. 

5. April: Jagdflugzeuge werfen um 10 Uhr Spreng- u. Brandbomben. Ganze Häuser u. Scheunen werden zerstört: Rienecker Karl in der Judengasse, das Haus von Glasermeister Heinickel, Jos. Schultheisstr. u. die beiden Nachbarhäuser erhalten einen Volltreffer, schwer getroffen wurden die Gebäude am Viehmarkt, Metzgerei Köhler, Uhrmacher Schmidt, Saar, Schädlein, Geschwister Schnäbel-Haus.

              Der vordere Flügel am Finanzamt wurde ganz zertrümmert, im Pfarrhof demolierte ein Volltreffer die vordere Wand u. alle Fenster der Kirche u. Schule

              Stabbrandbomben verursachten Brände b. Streibich im Haus. Es brannten ab: das Wohnhaus v. Schellenberger Joh., die Scheunen v. Diemer, Baier Georg, Römer Gregor, Franz Breun, Kaiser Josef, Schilling Josef Todesopfer: Frau Klara Ringelmann im Luftschutzkeller Dittmeier 

6. April: Gegen 7 Uhr Artilleriebeschuß von 3 Seiten; von der Höhe v. Untererthal vom Lager aus u: v. Untererthal her erhielten Treffer: die Häuser: Gößmann Café, Bezirkssparkasse, Rathaus, Uhls-, Spengler Schreiner, Legath. V. Schießplatz aus: das Bezirkskrankenhaus, das neue Städtische Wohnhaus am Katzenrasen, die Apotheke, das Legath-Haus, Hotel Post             

              Todesopfer: Meyerhofer Kurt, Schwester, 2 Gefangene 

7. April: Kirchner Ludwig u. 2 franz. Gefangene gehen mit 2 roten Laternen dem Feind nach                 entgegen und übergeben die Stadt.

              2 Uhr morgens hörte man das Geräusch feindl. Panzer. Früh stehen 3 Amerikanische Panzer auf dem Marktplatz u. sichern die Straßen: am Eingang v. Hotel Post gegen die Weihertorstr., am Rathaus gegen die Bahnhofstr., am Zolleck gegen die Kirchgasse. Die Leute kommen aus ihren Kellern u. Verstecken. 

            [Anmerkung: Es war höchste Zeit für die Übergabe. Eine Stunde später sollte Hammelburg beschossen werden.] 

8. April: Bekanntmachung am Rathaus

              Ausgang der Bevölkerung von 11 – 13 Uhr  Beschlagnahme von Privathäusern: Deutsches Haus (Bimöller) Darlehenskasse

              Abends: die Saalebrücke wird gesprengt

[Anmerkung: Hier ist der Bericht fehlerhaft. Die Saalebrücke wurde von der Wehrmacht schon eher gesprengt und nicht von den Amerikanern, die ja einen Saaleübergang brauchten. Es war ein Flüchtigkeitsfehler, der in diesen turbulenten Tagen wohl entschuldbar ist.] 

9.4. Bau einer Notbrücke aus Holz über die Saale. Räumung der Schule für ausländische Zivilarbeiter 

110.4. Belegung der Schule mit Polen, Russen, Holländer

              Ausgang v. 8 – 10 u. von 15 -17 Uhr

              Serbische u. italienische Gefangene plündern in der Stadt, holen Fahrräder, Uhren, Ringe (II, 148 – 150) 

DDamit enden die Transkriptionen für die Zeit des 3. Reiches.  

„Am 24. März 1945 war das letzte Mal Schule gewesen“, notierte später Schulleiter Held.

 
DDer Unterricht begann am 15. Oktober 1945 zunächst nur für die vier unteren Klassen. 

 

 

 

Was die ersten Jahresberichte über ihr Innenleben verraten
 
von Dietmar Katzer
 
Diese Stadt, auch in historischer Beziehung sehr merkwürdig, '"ausgezeichnet durch ihre vielen Naturschönheiten, durch ihre vortreffliche Lage an der fränkischen Saale, durch vorzüglichen Weinbau, Wieswachs und Ackerbau, in einer der schönsten Gegenden von Unterfranken, und unstreitig die schönste im Saalgrunde, [.,.] von den übrigen Studienanstalten auf 6 bis 12 Stunden entfernt, muß ganz besonders geeignet und bestimmt sein, eine Schule der höherem Bildung und geistigen Kultur in ihren Mauern zu umschließen.“ 1)

Diese Gewissheit, niedergeschrieben im Jahre 1845, hat auch heute ihre Gültigkeit noch nicht verloren. Wenn auch die Notwendigkeit dieser Schule in den vergangenen eineinhalb Jahrhunderten nicht bestritten worden ist, so hat es doch schon im ersten Jahre ihres Bestehens als königlich bayerische lateinische Schule an Schwierigkeiten nicht gefehlt. Der für Hammelburg als erster Studienlehrer ernannte geprüfte Lehramtskandidat zog Aschaffenburg der Saalestadt vor und wurde auf vorgebrachte Gründe vom Antritt der ihm übertragenen Lehrstelle allergnädigst entbunden.
Es sei zu seiner Entschuldigung gesagt, dass er die Freuden kleinbürgerlicher Vergnügungen noch nicht gekannt haben konnte, wie etwa das traditionelle Maifest, das bei günstiger Witterung in der Weise abgehalten wurde, daß die Studienlehrer in der Frühe mit sämtlichen Schülern einen gemeinsamen Spaziergang auf die benachbarten Berge unternahmen, welcher durch Absingen mehrerer Lieder erheitert wurde. Aber davon später mehr.
 
Saure Wochen . . .
 
Wir haben keinen Grund, uns den Alltag von Lehrern und Schülern sehr heiter vorzustellen. In den ersten Klassen betrug die Wochenstundenzahl 16:
Religionslehre 2, Lateinische Sprache 6, Deutsche Sprache 2, Arithmetik 2, Geographie 2. Dazu kamen die außerordentlichen Unterrichtsgegenstände Tonkunst, Zeichnungskunst und Schönschreibkunst mit je 2 Wochenstunden. Für die dritte Klasse hielt das Ministerium 12 Lateinstunden für angemessen. Die vierte (und oberste) Klasse hatte 2 Stunden Religion, 9 Stunden Latein, 5 Griechisch, 2 Deutsch, 2 Arithmetik, Geschichte und Geographie zusammen auch 2, also insgesamt 22 Wochenstunden. Ab der dritten Klasse wurde auf Schönschreiben verzichtet. Ab 1854 stiegen die Zahlen für den Lateinunterricht auf 10, die für Deutsch und Arithmetik auf je 3.

Man gab sich auch alle Mühe, die Schüler musisch und sportlich zu fördern. Zur Bildung des musischen Gehöres und Förderung des Gesanges in mehrstimmigen Chören wurde (1847) eine Gesangschule für die lateinischen Schüler dahier in 's Leben gerufen, welche alle jene Schüler besuchten, die hiezu Anlage hatten, und ihre Productionen bei verschiedenen feierlichen Gelegenheiten erhielten die Anerkennung von Seiten der Anwesenden. Im ersten Schuljahr freilich konnte die Tonkunst, wegen später Eröffnung der Schule noch nicht genugsam kultiviert werden. Nur ein einziger Schüler der II. Klasse beschäftigte und übte sich im Klavierspiel, und trug die eingeübten Stücke am Maifeste und am Tage der Preisverteilung öffentlich vor.

Im Zeichnungs-Unterricht gab es Übungen in methodischer Ordnung. Sie bestanden in Elementar-, Landschafts-, Ornamental-, Kopf-, Tier- und Blumen- und Freihandzeichnungen nach Vorlageblättern.
Ebenfalls im Jahre 1847 wurde [ . . . ] zur Kräftigung der Gesundheit und der Körperkraft bei den Schülern ein Schwimmlehrcurs eröffnet und denselben jede Woche bei passender Witterung vier Stunden Unterricht im Schwimmen unter entsprechender Aufsicht und nöthiger Vorsicht ertheilt. Schon 1845 war während des Sommers den Schülern mehrmals die Erlaubnis gegeben, an dem hiezu bestimmten und abgesteckten Orte im Saalflusse sich zu üben unter gehöriger Aufsicht des Pedellen (Hausmeisters).
Der Turn-Unterricht wird erstmals 1860 erwähnt. Er nahm bei gehöriger Aufsicht durch die Lehrer und beim Wetteifer der Schüler einen erfreulichen Fortgang. Die Turnübungen wurden im Mai, sobald die Witterung es gestattete, begonnen und wöchentlich in 3 Stunden am Dienstag, Donnerstag und Samstag Abends von 7 - 8 Uhr, im Hochsommer von 8 - 9 betrieben.
Derselbe bestand in Übungen nach Gliederthätigkeiten in den verschiedenen Leibesstellungen und im Riegenturnen an Geräten in stufenmäßigem Uebergange vom Leichteren zum Schwereren.

Nicht besondere Fachkenntnisse [...] qualificiren einen Mann zum Lehrer im Deutschen
 
An der Zusammenstellung der Wochenstundenzahlen mag Ihnen der geringe Anteil von Deutschstunden am Gesamtstundenmaß aufgefallen sein. Zwei oder drei Stunden Deutsch scheinen uns Heutigen zu wenig, den gewandten Gebrauch der deutschen Sprache zu erlernen, da sie doch der Unterrichtszweig ist, für welchen der Bürger zunächst ein Bedürfnis fühlt. Die Ergebnisse im Deutschen waren dennoch erfreulich. So ist die III. und IV Klasse (auch) im Stande alle möglichen Eingaben an obrigkeitliche Behörden in der vorschriftsmäßigen Form abzufassen. Wer das Missverhältnis der Stundenzahlen für Deutsch und Latein beklagt, bedenkt nicht, dass man bekanntlich seine Muttersprache nicht gründlicher kennen lernen kann als durch aufmerksame Vergleichung mit fremden Sprachen. Wie wenig kann doch ein Fachlehrer des Deutschen dieser Aufgabe genügen: Nicht besondere Fachkenntnisse [...] qualificiren einen Mann zum Lehrer im Deutschen, sondern seine pädagogische und didaktische Begabung; hat er diese, so braucht er speciell in der deutschen Literatur und Stilistik nicht im Geringsten mehr Kenntnisse, als sie jeder ohnehin tüchtige Ordinarius hat.
 

Die Schüler jeder Klasse werden im Jahresbericht nicht in alphabetischer Reihenfolge, sondern nach ihren Leistungen angeordnet
 
In den früheren Jahresberichten wurde auch die Leistung des Schülers erwähnt in einer Form der Heraus- (und Bloß-) stellung der Studierenden, wie sie heute wirklich undenkbar wäre: Die Schüler jeder Klasse wurden im Jahreskataloge (dem Jahresbericht) nicht in alphabetischer Reihenfolge, sondern nach ihrem Können angeordnet. Da gab es einen besonderen Fortgang, der die Platzziffer des Schülers in jedem ordentlichen Unterrichtsgegenstand angab, den wissenschaftlichen Fächern und der Schönschreibkunst.

Zur Herstellung der Fortgangsplätze [...] wurden periodische Scriptionen abgehalten, und nach der aus diesen schriftlichen Schulaufgaben in den einzelnen Fächern sich herausstellenden Fehlerzahl ergab sich der Rang eines Schülers. Der Leistungsstand des Schülers innerhalb der Klasse wurde aus den verschiedenen Plätzen im besonderen Fortgang errechnet, wobei der Fortgang in der lateinischen Sprache vierfach, in der deutschen Sprache und in der Arithmetik zweifach, in Geographie und Kalligraphie (Schönschreibkunst) einfach gezählt wird, und die Zahl der nach diesen Verhältnissen summirten Plätze den allgemeinen Fortgang bildet, - und das ohne Taschenrechner.
Der Rang des allgemeinen Fortgangs stand vor dem Namen des Schülers: deshalb hat sich die Klassenliste wie eine Bundesligatabelle gelesen mit ihren Spitzenreitern, dem sicheren Mittelfeld und den Abstiegskandidaten.

Von den 22 Schülern der ersten Klasse des Schuljahres 1844/45 tauchen im nächsten Jahr in der zweiten Klasse die Schüler von Rang 13 bis 22 nicht wieder auf, wogegen von den ersten zwölf in der zweiten Klasse nur zwei fehlen. Acht von ihnen begegnen uns aber als Wiederholungsschüler, von denen glücklich 5 auch noch die 2. Klasse meistem. Die dritte und vierte schaffte von den Repetenten nur noch einer: Peter R., 18 Jahre alt, Sohn des Schäfers von Hohenroth, auf Platz drei des allgemeinen Fortgangs von (zuerst 6, dann) 7 Schülern.
1855 rückte aus einer dritten Klasse kein einziger Schüler vor, allerdings bestand sie nur aus drei Buben. Im folgenden Jahre gab es deshalb weder eine erste Klasse (wegen der Wohnungsnot nach dem großen Brand) noch eine vierte.    
   
Angesichts der Strenge der Studienlehrer verdient Beachtung, dass es im nächsten Jahr wieder der Sohn eines Schäfers war, der die anderen überflügelte: Georg Valentin Z., Sohn des Schäfers von Hundsfeld, der im Schuljahr 1845/46 in der zweiten Klasse in allen Fächern den ersten Rang einnahm. Im nächsten Jahre besuchte er bereits die vierte Klasse. Offensichtlich war damals schon Hochbegabten die Möglichkeit gegeben, eine Klassenstufe zu überspringen. Sein Alter betrug jetzt 19 Jahre und 11 Monate. (1858 wurde zum Eintritt in die erste Klasse das Alter auf das vollendete 10. bis einschließlich 13. Lebensjahr festgesetzt.) Über seinem weiteren Schicksal liegt Dunkel: Georg Valentin Z., ein durch Fleiß, Sittlichkeit und religiöse Gesinnung gleich ausgezeichneter Schüler, mußte wegen anhaltender Krankheit zu Ostern die Anstalt verlassen, um im elterlichen Hause seine Heilung zu bewirken. Derselbe würde jedenfalls den Vorrang vor seinen übrigen Mitschülern mit Auszeichnung behauptet haben. (Weniger mitfühlend zeigte sich der Subrector im Fall Adam S. mit der Platzziffer 12 von 16, über den es im Jahresbericht zum nächsten Schuljahr lapidar heißt:  Adam S. ist am 3. Februar gestorben.)

Ab 1860 fand die Berechnung des Fortgangs nur nach Noten und nicht mehr nach Fehlern und Plätzen statt. Auch wurde jetzt den mündlichen Leistungen neben den schriftlichen in der Feststellung des Fortgangs die gleiche Bedeutung eingeräumt.
 

 . . . in Absicht auf Frömmigkeit und sittlichem Verhalten sich mindestens die Note „vorzüglich“ erworben haben
 
Zur Festsetzung des allgemeinen Fortgangs war schon in den Jahren 1840ff. zufolge höchster Ministerial-Entschließung verfügt worden, daß weder in dem Jahreskataloge eine eigene Rubrik für den Fortgang in der Religionskenntniß aufzunehmen sey, noch überhaupt eine Einrechnung derselben in den allgemeinen Fortgang statt zu finden habe. Doch irrt, wer in dieser Bestimmung liberalen Einfluss sehen möchte; in Paragraph drei wird er eines Besseren belehrt: (Es wird verfügt), dass für das Vorrücken in eine höhere Klasse jeder Schüler sich auszuweisen habe, dass er in Absicht auf Frömmigkeit und religiöse Gesinnung, sowie auf sittliches Verhalten mindestens die Note 1,2 (vorzüglich - sehr gut) sich erworben habe. Hieraus wird deutlich, was eine Herabsetzung der Note für sittliches Verhalten infolge einer Strafe für den Delinquenten bedeutete.
 
Als Bezeichnung der Noten war vorgeschrieben:
1. Note: Klasse 1, Stufe 1 : ausgezeichnet
2. Note: Klasse I, Stufe 2 : vorzüglich (sehr gut)
3. Note: Klasse 11, Stufe 1 : vollkommen gut
4. Note: Klasse 11, Stufe 2 : hinlänglich gut
5. Note: Klasse 111, Stufe 1.: gering
6. Note: Klasse 111, Stufe 2 : schlecht
 

Und als Buchpreis die „Griechische Grammatik“
 
Bis zum Schuljahr 1853/54 wurde den jeweils Besten im allgemeinen Fortgang und in den einzelnen Fächern ein Buch als Auszeichnung überreicht. Wenn auch ihr Inhalt heute keinen Schüler mehr aus der Bank lockt - Griechische Grammatik; Leben des hl. Aloysius von Ginzaga; Übungsbuch zum Übersetzen vom Deutschen ins Lateinische und dergleichen für die Schule nützlichen Bücher mehr - der Buchpreis war eine Ehre und bei der damaligen Knappheit von Lehrbüchern auch von materiellem Wert. Damit machte § 37 der Schulordnung vom Jahre 1854 kurz und bündig Schluß: Aus den besonderen Fächern werden mit Ausnahme der Religion keine Preise ertheilt. Der Religionspreis aber wird jenem Schüler zuerkannt, der neben gründlichen Kenntnissen in diesem wichtigen Lehrzweig in Rücksicht auf Frömmigkeit und religiöse Gesinnung entschieden den Vorrang unter seinen Mitschülern behauptet.
 

Hoch lebe der König!
 
In jeder Monarchie haben die Schulen eine wichtige politische Aufgabe zu erfüllen: Zur rechten patriotischen Gesinnung gehört die Liebe zum Herrscherhaus. Die Intensität der Bemühungen, sie zu wecken, spiegelt sich in den Jahresberichten. Allerdings gedachte der erste Subrektor, Dr. Weiglein, der Majestät, des bayerischen Königs, noch gar nicht. Die Alltagssorgen mögen den fernen, hohen Monarchen aus seinem Bewußtsein verdrängt haben. Erwähnt wird nur, dass die Schüler den feierlichen Gottesdiensten an den Namens- und Geburtstagen. des Königs und der Königin beiwohnten. Im nächsten Jahr ist schon die Rede von den Festtagen Seiner Majestät unseres allergnädigsten Königs und Ihrer Majestät unserer allergnädigsten Königin Der Bericht schließt mit einem eher noch zurückhaltenden Vivat: Hoch lebe der König!

Da hörte sich im Jahresbericht 1846/47 die Chronik über die patriotischen Feste schon begeisterter an:
Die Feierlichkeiten an den allerhöchsten Namens- und Geburtstagen Seiner Majestät waren auch den Studienschülern Veranlassung, ihre Wünsche und Bitten für das Wohl des allgeliebten Landesvaters und der allverehrtesten Landesmutter, welche ihre thätige und liebreiche Fürsorge für alle Untertanen des Reichs in den eben verflossenen drückenden Zeiten der Noth auf so glänzende Weise bezeugten, (Ob das Ministerium diesen Hexameter gewürdigt hat?), vor dem Altare Gottes in heißen Gebeten auszusprechen; gleichwie sie bei der zweimaligen Durchreise Sr. Königlichen Majestät durch hiesige Stadt, mit ihren Fahnen in feierlichem Zuge sich aufstellend, ihre Liebe, Treue und Anhänglichkeit an Sr. Majestät allerhöchste Person und das ganze Königliche Haus an den Tag legten. Der huldvolle Gruß aus der durchfahrenden königlichen Kalesche hat die Beziehung des Volkes zur Krone gestärkt. Diesmal wird im Schlusssatz unserem allergnädigsten Landesvater, dem Beförderer
der Kunst und Wissenschaft - (und noch ganz anderer Schönheiten) - [...] dem König    Ludwig 1., ein dreimaliges Lebehoch! dargebracht. Dr. Weigleins Nachfolger, der königliche Subrector Mohr, begnügt sich mit einem dreimaligen Hoch dem allergnädigsten Landesvater, dem König Maximilian. Dann flauen die Begeisterungsbekundungen ab. Subrector Bäuerlein läßt 1849 den König noch hochleben, dann unterbleiben solche Huldigungen, auch unter den folgenden Schulleitern.

Noch vor der weltlichen Obrigkeit aber rangierte in der Jugenderziehung die Kirche. Die Klassenlehrer waren Geistliche, nicht nur, weil das Jakob Rineckers besonderer Wunsch war, sondern weil das dem Anspruch der Kirche und jahrhundertealter Tradition entsprach. Schulleiter waren anfangs die Stadtpfarrer von Hammelburg, und ein Großteil der Jahreschronik berichtete über das geistliche Leben der Schule. Dazu gehörte der tägliche Gottesdienst in der Spitalkirche, welcher von dem königlichen Studienlehrer an Werktagen um !IJ 8, an Sonn- und Feiertagen um 10 Uhr gelesen wird, [...] an welch' letzteren Tagen jedesmal eine geistliche Exhortation (Ermahnung) vorher im Schulzimmer gehalten wurde. Dazu kam ab 1848 noch eine Vesper um 2 Uhr nachmittags. Im Jahre 1859 wurde der Gottesdienst im Sommer auf ihren (der Schüler) eigenen lobenswerthen Wunsch um 6 Uhr abgehalten. Das gab ihnen bis zum Unterrichtsbeginn um 8 Uhr noch gut eine Stunde Zeit zur Vorbereitung.

Fast jährlich feierten einige Schüler der Anstalt das Fest der ersten hl. Kommunion mit, wodurch dieses Fest, welches ohnehin von der ganzen Gemeinde mit der lebhaftesten Theilnahme gefeiert wird, eine neue Zierde erhielt und zur Erhöhung der Festesfreude Veranlassung gab. Ein schönes Zeugnis für das Ansehen der Lateinschule in der Stadt.

Viermal im Jahr, ab 1859 sechsmal, empfingen die Schüler das Sakrament der Buße und des Altars. Darunter auch am 20. und 21. Juni: an diesem Tage wurde das Fest des Hl. Aloysius, des Patrons der studirenden Jugend [...] mit Hochamt und Predigt und feierlicher Kommunion der Schüler gefeiert. Selbstverständlich nahmen sie auch an den feierlichen Processionen am heiligen Frohnleichnamstag unter Vortragung ihrer Fahne und zweier Standarten Antheil.

 

 

. . .  frohe Feste
 
Zu den weltlichen Freuden der Studienlehrer und Schüler gehörte, wie anfangs erwähnt, das traditionelle Maifest, das morgens mit einem Spaziergang, am Nachmittag mit den üblichen Declamations- und Gesangstücken [...} bei dem herkömmlichen Feste in Tremers Garten abgehalten wurde, wohin sich die Schüler mit ihrer Fahne, von der Schule ausziehend, begaben, unter außerordentlich zahlreicher Theilnahme des verehrten Beamtenstands und der Bürgerschaft der Stadt, sowie der hochwürdigen Geistlichkeit von hier und der Umgebung, (und somit wurde) ein wahres Jugendfest gefeiert. Für die Erhöhung der Festesfeier dankte der Schulleiter jenen Schullehrern des Distrikts, welche bei dieser Feier sowohl bei dem Vortrag der musikalischen als der Gesangsproductionen so bereitwillig mitwirkten und auch jenen kunst geschickten Damen, welche den Saal (1846 herrschte schlechtes Wetter) so sinnig verzierten. 1847 kam bei dieser Gelegenheit eine neu componirte Mai-Ouverture von den hiesigen Musikern und den Schullehrern [...J mit vielem Effecte zur Aufführung.

Im selben Jahr, am Tag nach dem Fest des RI. Aloysius, unternahmen die Studienschüler unter Begleitung der Studienlehrer, des Vorstandes der Anstalt, dann vieler Eltern und Schulfreunde eine Excursion zu Fuß auf die etwa 2 Stunden entfernte Schloßruine Trimberg, wo sie in den allmählig zerfallenden Räumen des ehemaligen Restaurators dieses einst mächtigen Schlosses der Schwarzburger, des großen Fürstbischofs Julius sich erinnernd, bei einer romantischen Aussicht in weite Ferne und in den gesegneten Saalgrund, theils mit Gesangsproductionen, theils mit fröhlichen Spielen sich erheiternd. der Mühe und der Hitze des Tages vergessend, zu neuer Thätigkeit in ihrem Berufe sich stärkten und gegen Abend wieder heimkehrten. Dass sich die Studienschüler durchaus auch anderer (profanerer) Stärkungsmittel bedienten, bezeugen manche Eintragungen im Großen Strafbuch der Lateinschule.

Beim Neuaufbau der Lateinschule fehlte es erheblich an Lehrmaterial und an Literatur. Die Gründung einer Studienbibliothek bleibt bis daher aus Abgang parater Mittel hiezu immer noch ein frommer Wunsch, so dringend auch dessen alsbaldige Realisirung erscheinen dürfte. Einen Rückschlag in diesen Bemühungen brachte der verheerende Brand von 1854, der auch das Studiengebäude im Spital zerstörte. Er veranlasste viele Wohltäter an den Studienanstalten zu Würzburg und Münnerstadt, wie auch der hiesigen Stadt und Umgebung [...] den vom Brandunglück hart getroffenen hiesigen Lateinschülern mit ihren milden Gaben an Geld, Büchern und Kleidungsstücken [...J schnell, [...J freundlich und reichlich zu Hilfe zu eilen. Nach jenem traurigen Ereignisse mußte der Zeichnungs- und Gesangunterricht in Ermangelung eines geeigneten Lokales sistirt werden (musste ausfallen).

Aber die Hammelburger waren fest entschlossen, ihre Lateinschule zu halten. Manche edle Bewohner hiesiger Stadt, selbst nicht im Ueberflusse lebend, besonders unter den damaligen Verhältnissen,. waren bemüht, armen Schülern Unterstützung zu leisten.
Die Sorge der Eltern, die Kosten für ein Studium nicht aufbringen zu können, sollte folgender Hinweis zerstreuen: Der Unterricht ist frei, nur einige Gulden werden das Jahr über für die Schulbedürfnisse eingesammelt. Die Eltern einheimischer Studenten schlagen Kost und Logis nicht an, so lange sie ihre Söhne um sich haben; die Fremden finden bekanntlich hier eine so wohlfeile Unterkunft, wie kaum in einer anderen Stadt, die Armen aber werden von den hiesigen Bewohnern wohlwollend unterstützt.

Auf das Jahr 1855 datiert auch das Interesse und die Hilfe des Franziskaner-Convents zu Kloster Altstadt; jedenfalls dankt die Schulleitung alle Jahre wieder für die reichliche Unterstützung, die der ehrwürdige Franziskaner-Convent [...] an arme Schüler gespendet hat.
Nach hoher Gutheißung der kgl. Regierung vom 7. Februar (1859) wurde der Anfang zur Gründung einer Lesebibliothek besonders für die III. und IV. Klasse gemacht. Als Mittel hiezu diente theils das 1nscriptionsgeld, theils freiwillige monatliche Beiträge der Schüler. Diese (die Schüler) machten von den Lesebüchern, deren Zahl bereits 25 ist, freudigen und fleißigen Gebrauch. An Schüler der I. und II. Klasse wurden solche nur dann verabreicht, wenn sie sich durch Fleiß und Fortschritte auszeichneten und kein Abziehen vom Lernen zu besorgen war. Überhaupt mögen die Eltern und Hausangehörigen der Schüler darauf achten, daß diese nicht eher zum Lesebuch greifen, bis sie ihre Aufgabe ausgearbeitet und gelernt oder einiges wiederholt haben.
 
... daß Ausbildung des Verstandes und Veredlung des Herzens ihrer Söhne die Hauptaufgabe der Lehrer dieser Anstalt ist
 
Schon seit Bestehen erläutern die Jahresberichte ausführlich die Vorteile des Besuchs der Lateinschule und versuchen, namentlich die Bewohner der näheren Umgebung zu veranlassen, hiesiger Lateinschule ihr Vertrauen zuzuwenden: [...] an der hiesigen Anstalt (kann) eine gründliche Bildung und Erziehung der Schüler im wahren Sinne des Wortes [..J um so leichter erzielt werden [...], da hier Vorstand und Lehrer der Anstalt jeden einzelnen Schüler in allen Verhältnissen beobachten und stets überwachen können. Dies vorzüglich wird den Eltern große Beruhigung gewähren (ihren Kindern weniger), wenn sie ihre Söhne nicht so weit vom älterlichen Hause entfernt sehen, und unbesorgt um dieselben ihren Geschäften obliegen können, in der sicheren Überzeugung, dass Ausbildung des Verstandes und Veredlung des Herzens ihrer Söhne die Hauptaufgabe der Lehrer der Anstalt ist, welchen sie ihr Theuerstes, ihre Kinder, anvertraut haben.
Die hiesigen Bürger zumal, sowie auch die Bewohner der nächsten Umgebung werden die Vortheile nicht verkennen, welche eine Lateinschule für die künftige Wohlfahrt ihrer Söhne bietet. Könnten wir nur heute mit der gleichen Gewissheit wie vor fast 150 Jahren sagen, daß man mit einem jungen Menschen oder Bürger Hammelburgs keine Stunde zusammen sein muß, um zu merken, daß er die hiesige Anstalt besucht hat.
 
 

 

 

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