Hammelburger-Album

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Naziprominenz
Die sogenannten „alten Kämpfer“, die vor 1933 Parteigenossen waren, sicherten sich gleich ihre Pöstchen. Rechtsanwalt Rüth wurde Bürgermeister von Hammelburg, später Landrat von Kitzingen und dann noch Regierungsrat. Stumpf wurde Kommissar von Hammelburg. Er hielt sich aber nicht lange in der Position. Sein Hauptausspruch war: „Ihr habt die Zeichen der Zeit nicht verstanden.“ Deinlein wurde Verwalter des Lagers der umgesiedelten Dobrudscha-Deutschen usw. Diese Leute waren bei Kriegsausbruch natürlich unabkömmlich und brauchten nicht einzurücken.

Juden
Die Judenfamilien, die es rechtzeitig erkannten, verkauften ihren Besitz rechtzeitig zu Schleuderpreisen. Viele kamen nicht mehr weg. In der Kristallnacht drangen die SA-Männer in die Judenhäuser ein, schlugen alles zusammen, schlitzten die Betten auf und ließen die Stoffballen aus den Textilgeschäften durch die Fenster auf die Straßen aufrollen. Die Judenfrauen mit ihren Kindern flüchteten durch die Straßen. Es war ein schauriger Anblick. Hinterher wollte keiner dabei gewesen sein.

Rechtsprechung im 3. Reich
Es kamen auch einige Hammelburger ins KZ. Anton Herbst, der Bürgermeister Klement einen Schnürsenkelverkäufer genannt hatte (Klement war vorher Reisender), kam ins KZ und starb dort auch. Maria Emmert von der Bahnhofswirtschaft hatte Auslandsender abgehört, wurde von ihrem Mieter denunziert und eingeliefert. Zum Glück war es ziemlich am Ende des 1000-jährigen Reiches und sie kam wieder frei.

Wir mussten auch einmal bei einer Gerichtsverhandlung als Zeugen auftreten. Frau Kaiser – später Landratsgattin – hatte uns ein Gerücht über Köberl und Klement erzählt, im Beisein von einer dritten Person. Die erzählte es ihrem Mann und schon war eine Gerichtsverhandlung fällig. Es war sehr aufregend. Papa wusste nichts mehr darüber zu sagen, er merkte sich ja solche Sachen ja nie, und musste schwören. Man bezeichnete ihn danach als Meineidler. Das hat ihn schwer getroffen. Frau Kaiser kam mit einer Geldstrafe davon.

Der Vater von Beate Halbritter
1943 wurde Papa eingezogen. Er war kein guter Vaterlandsverteidiger. Beim Abtransport an die Westfront hatte er keinen Tornister, keinen Stahlhelm, kein Gewehr, kein Essgeschirr, rein gar nichts dabei. Als die Truppe aufbrach, war er in der Stadt (Würzburg) und begegnete ihnen unterwegs. Er musste mit, ohne Ausrüstung. Zum Glück war ich an dem Tage gerade in Würzburg, um ihn zu besuchen, und konnte seine Sachen einem Hammelburger Feldwebel, der noch da war, mitgeben.

Auf dem Rückzug aus Frankreich stellte er bei einer Rast sein Gewehr an einen Baum und vergaß, es beim Weitermarsch mitzunehmen. Als er es nach einiger Zeit merkte, entriss er einem Buben, der an der Straße stand, sein Fahrrad und radelte zurück. Das Gewehr stand noch einsam da. Die Truppe kam wieder nach Würzburg zurück. Dort machte er den schweren Angriff auf die Stadt mit. Er stand nur unter einer Treppe und überlebte. Von Würzburg aus kamen sie in Gefangenschaft.

Erlebnisse während des Krieges
Daheim war es in der Zeit furchtbar. Immer wieder Fliegeralarm. Nachts musste man die Kinder aus den Betten holen und in den Keller schaffen, am Tage kamen immer wieder Tiefflieger; da wurde der Laden geschlossen mit den Kunden im Keller, bis Entwarnung kam.

Die Amerikaner kommen
In den letzten Kriegstagen hat es Hammelburg noch erwischt. Die Amerikaner kamen von Gemünden her. Hammelburg sollte eingenommen werden. Die Bevölkerung zog mit Sack und Pack auf den Hammelburger Berg in den Wald. Wir beluden auch einen kleinen Brückenwagen und quälten uns damit durch das Ofenthal auf den Heroldberg und von dort auf den Hammelberg. Wir konnten von oben die anrückenden Panzer sehen. Sie wurden noch einmal zurückgeschlagen. Für die Nacht schlugen die Männer – es waren nur ältere – Bäume und bauten aus ihnen Hütten. Es war erst März und noch ziemlich frisch. Die Nacht war ruhig. Morgens wurden die Kühe gemolken, die Bauern hatten sie mitgenommen. Sie gaben uns für die Kinder morgens Milch. Den Kindern hat das gut gefallen. Sie fanden das Lagerleben schön.

Nachdem in der Nacht nichts geschehen war, zogen wir am Morgen weiter nach Feuerthal. Dort nahm uns eine Familie, die wir vom Geschäft her kannten, auf. Ihr Name war Förster. Ich lief an dem Tag zweimal nach Hammelburg. Ich musste doch nach dem Geschäft sehen, es wurde viel gestohlen. Unterwegs kamen immer wieder Tiefflieger, die mit Bordkanonen schossen. Da warf man sich schnell auf den Boden. Am nächsten Tag war es wieder ruhig. Man hörte wohl die Geschütze, aber nicht so nah. Wir wagten also den Heimweg.

Bombenalarm
In den nächsten Tagen ging es dann erst richtig los. Tiefflieger warfen Brandbomben. Am Viehmarkt brannte es beim heutigen Anwesen Schaupp, Saar, Frank und in den Seitenstraßen.

Am nächsten Tag kamen die Sprengbomben. Es war noch Vormittag. Sepp war vom Kommunionunterricht noch nicht daheim. Eine Bombe schlug direkt auf dem Viehmarkt ein, eine bei Hess, Ehling, Heinickel und einige in Nebenstraßen. Frau Ringelmann kam dabei ums Leben. Wir saßen im Keller und glaubten ganz verschüttet zu sein, so kam alles von oben runter. Nach der Entwarnung wagten wir es, aus dem Keller hinaufzugehen, und waren glücklich, dass dies überhaupt möglich war.

Es sah schlimm aus: kein Fenster, keine Türe mehr ganz, die Dächer, alle drei, abgedeckt, die Schaufenster weg und die Rollläden hingen verbogen darüber. Die Fenster vernagelten wir mit Pappe, die Haustüre verrammelten wir am Abend mit einem Baumstamm. Wir konnten nicht mehr abschließen.

Im Laufe des Tages wurde Hammelburg dann noch mit Granaten beschossen. Es kamen dabei noch einige Menschen ums Leben. In der folgenden Nacht zogen die Amerikaner ein. Es war eine Erlösung.

Acht Tage darauf feierten wir Weißen Sonntag.

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